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Air-France-AbsturzÜberreste aus Atlantik gefischt

Fünf Tage nach dem Flugzeugunglück sind rund 70 Kilometer von der mutmaßlichen Unglücksstelle entfernt die ersten Opfer geborgen worden. Auch ein Koffer vom Air-France-Flug wurde gefunden.

Die brasilianische Luftwaffe sucht weiterhin nach dem abgestürzten Flugzeug. Bild: ap

PARIS taz | Eine knappe Woche nach der Katastrophe des Airbus auf der Strecke zwischen Rio und Paris hat die brasilianische Marine am Wochenende fünf Leichen aus dem Atlantik gefischt. Dazu Objekte, die aus dem verschwundenen Flugzeug stammen: eine Brieftasche, einen Nylonrucksack, ein Air-France-Ticket, ein Laptop, ein Flugzeugsitz und einen Teil einer Tragfläche. Die Ursache der Katastrophe, die 228 Menschenleben gekostet hat, ist weiterhin unklar. Die Ermittlung entfernt sich zunehmend von den Wetterbedingungen und konzentriert sich auf technische Probleme des Airbus. Das Pariser Bureau dEnquêtes et dAnalyses (BEA), das die Untersuchung leitet, interessiert sich insbesondere für die Geschwindigkeitsmesssonden des Airbus A330. Sie haben nicht nur bei dem fatalen Flug AF 447 "widersprüchliche Signale" abgegeben, sondern schon früher bei Airbussen für schwere Pannen gesorgt.

Es geht um Anomalien bei zwei entscheidenden Anlagen: Adiru und Isis. Adiru erfasst die Daten, die nötig sind, um die Geschwindigkeit und die Position eines Flugzeugs zu bestimmen. Isis ist ein System, das grundlegende Daten zum Steuern der Maschine liefert, falls die Kontrollbildschirme im Cockpit ausfallen.

Bestätigt ist bislang "eine Inkohärenz bei den Geschwindigkeitsangaben" des verschwundenen Airbus, erklärte der Chef des BEA, Paul-Louis Arslanian. Nach Angaben der französischen Sonntagszeitung Journal de Dimanche sind schon vor zwölf Jahren erstmals Probleme mit "Pitot-Sonden" von Airbussen bekannt geworden. 1996 habe der Hersteller Airbus in einem internen Dokument erklärt, dass die Sonden "schwer beschädigt" werden könnten, wenn sich das Flugzeug in einer starken Gewitterwolke befinde: "insbesonders in der tropischen Zone zwischen den Wendekreisen". Im vergangenen Oktober musste ein Airbus der australischen Gesellschaft Quantas wegen falscher Geschwindigkeitsmeldungen, die den Autopiloten zu abrupten Flugrichtungsänderungen veranlassten, notlanden.

Der Flugzeughersteller Airbus hat Anfang 2009 seine Kunden aufgefordert, sämtliche Sonden in den Airbussen A330/340 auszutauschen. Auch Air France hatte mit dem Austausch begonnen. Die verschwundene Maschine, die im April 2005 in Dienst genommen wurde, flog freilich noch mit alten Sonden. BEA-Chef Arslanian sagte am Samstag in Paris: "Das bedeutet nicht, dass ein Flugzeug ohne ausgetauschte Pitot-Sonden gefährdet ist".

In den ersten Tagen war von Blitzeinschlägen und schweren Stürmen zwischen den Wendekreisen die Rede, die den Absturz beschleunigt haben könnten. Doch inzwischen hat Alain Ratier, einer der Verantwortlichen von Méteo France, erklärt, dass die allgemeinen Wetterbedingungen in der fraglichen Zone über dem Atlantik "normal für einen Juni" waren.

Restlose Aufklärung über den Hergang der Katastrophe können nur die Flugschreiber liefern. Sie dürften auf dem Boden des Atlantiks liegen. Die flachste Stelle in der Absturzregion ist 864 Meter tief. Es handelt sich dabei um einen Gipfel eines Gebirges. Die Täler rundherum sind bis zu 4.000 Meter tief. Das macht die Suche nach den Flugschreibern extrem schwierig.

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1 Kommentar

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  • NJ
    navajo joe

    Ja, traurig, aber die Verhältnismäßgikeite der Nachrichten zu solchen Dingen halte ich manchmal für ziemlich fragwürdig verzerrt, vgl. folgendes denkwürdige Zitat:

     

    "Jedes Jahr sterben über eine Million Menschen an Malaria, 90% davon in Afrika südlich der Sahara. Diese Zahl entspricht in etwa

     

    sechs Jumbo-Jets pro Tag,

     

    besetzt vor allem mit Frauen und Kindern."

     

    zitiert nach: http://www.medeor.de bzw dort speziell die Initiative

    http://www.medeor.org/Home/I-FRAME-Gesicht-zeigen-gegen-Malaria.html