: Ailton, Ailton, Ailton
Bei der 1:3-Niederlage in Bremen musste Bochum schmerzhaft erfahren, dass Werder für so manchen Bundesligisten eine Nummer zu groß ist
aus BREMENMARKUS JOX
Vor dem Bundesliga-Heimspiel gegen den VfL Bochum hatte Werder Bremen zu einer außerordentlichen Pressekonferenz geladen: Im Stile eines Exhibitionisten entledigte sich dort das Vorstandsmitglied Klaus-Dieter Fischer seiner wärmenden Jacke und reckte stolz das wunderhübsche T-Shirt, das er trug, ins Scheinwerferlicht: Auf dem Shirt prangte das Konterfei von Johan Micoud, der dem Betrachter herrisch seinen Zeigefinger entgegen streckt und befiehlt: „Ich will Dich“. So werden Mitglieder für den SV Werder geworben.
Nach dem überragend herausgespielten 3:1-Sieg der Bremer Fußballzauberer – angeführt vom dreifachen Torschützen Ailton und organisiert vom Mittelfeld-Dreamteam Micoud, Baumann, Lisztes und Ernst – gegen tapfere, aber chancenlose Bochumer kam die Frage auf, ob mit dem nicht namentlich genannten Akkusativ-Objekt dieses „Ich will Dich“-Slogans, ob also mit diesem „Dich“ möglicherweise auch die Deutsche Fußballmeisterschaft gemeint sein könnte.
Darauf sprach Sportdirektor Klaus Allofs, leise und irgendwie en passent, in Bremen lange nicht mehr Vernommenes aus: „Jo, die Meisterschaft woll‘n wir auch.“ „Der Allofs darf alles erzählen“, kommentierte Trainer Schaaf diese Äußerung des Vorgesetzten zwar etwas süßsäuerlich, doch auch er bekam sich kaum mehr ein vor Freude. „Wir haben unheimlich gut aufgespielt, sofort in die Spitze gespielt und immer wieder den Abschluss gesucht“, analysierte ein enthusiasmierter Schaaf. Auch die „Freude, mit der die Mannschaft zu Werke gegangen“ sei, hatte es dem Trainer angetan.
Vor allem Ailtons Treffer zum 1:0 ließ die Zuschauer mit der Zunge schnalzen. So sieht nämlich das Werder-Spiel 2003 aus: Abstoß Torwart Reinke, Steilpass Davala zu Klasnic, der verlängert per Hackentrick – und schwups ist der Ball bei Ailton, der ihn von der Strafraumgrenze aus ins Tor lupft. Sensationell. Gäste-Trainer Peter Neururer schüttelte noch eine geschlagene Stunde nach Spielende fassungslos das Haupt. „Nach 14 Minuten war das Ding hier gegessen“, sagte er, „Werders Sieg hätte wesentlich höher ausfallen können.“
Teamchef Rudi Völler äußerte sich begeistert über das Schaaf-Team und attestierte ihm, „mit hohem Tempo einen glänzenden Kombinations-Fußball“ zu spielen. Und Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß nimmt den neuen Werder-Hype immerhin so ernst, dass er schon einmal vorsorglich ein vergiftetes Kompliment an die Weser schickte: „Werder spielt einen sagenhaften Fußball, für mich ist die Mannschaft der allergrößte Meisterschaftsfavorit“, sagte der Psycho-Guru. Natürlich nicht ohne Hintergedanken: In zwei Wochen spielen die Bayern in Bremen.