Agentenklänge – ohne Film

■ Bremer Band „Agentenmusik“ füllte die Lila Eule

Wer kennt sie noch: Agentenkrimis wie „Die 9 Finger des Mürgers“, „Die geheimen Zombies des Dr. Böhm“ oder „Im Auftrag des Roten Atoms“? Genau.

Niemand. Denn diese 60er-Jahre-Filme gibt es natürlich nicht. Dafür aber die Musik dazu. Agentenmusik eben. Mittwochabend brachte die gleichnamige Bremer Band die neue alte Lila Eule zum Bersten, als sie im Rahmen der Blue Moon Bar ihr neues Vinyl, „Agentenmusik Play Themes From Famous German 'Krimi' Movies“ vorstellte.

Und da wackelten sogar die gepflegten Koteletten der Zuhörer, als die Herren ihre treffsichere instrumentale Mixtur aus surfender Gitarre (Andreas Wolfinger), warmer Hammondorgel (Anders Becker), treibendem Schlagzeug (Martin König) und groovendem Bass (Andreas Vick) aus dem Koffer packten. Eine eigenwillige Mischung, die an die Klänge der Beach Boys, Isaac Hayes wie an Cowboysongs erinnert. Aber des Agenten 45er Magnum ist nun mal der swingende Spannungsbogen des Musikers.

Das Publikum – vom Hubba-Bubba kauenden Oberlippenbartträger, der stark an einen Pornodarsteller erinnerte, bis zur Dame im elegant geschnittenen Anzug – gewannen sie schnell für ihre akustische Mission. Jede ihrer Kompositionen kündigten die Musiker mit einer Geschichte an. „Ihr fahrt auf der Autobahn. Es ist morgens, halb acht. Die Sonne geht auf. Links auf den Feldern ist noch Nebel. Dort rennt ein Mann um sein Leben.“

Auch weiß das Publikum jetzt, wo Agenten immer hingehen, wenn gerade mal wieder eine ihrer Liebschaften erschossen wurde: Ins „Café Urzula“. Und der Zuhörer erfährt ebenfalls, warum der Orgelmann im Gegensatz zu seinen Kollegen in Anzug und Krawatte eben keine trägt, sondern sich mit einem roten Rüschenhemd zufrieden gibt. Er wurde erwischt, beim „Krawattenklau bei Lord John.“

Doch so richtig geriet das Publikum ins Staunen, als bei der Zugabe Alia Navarro de la Paz drei Stücke mit der Band sang und mit Stimme und Ausstrahlung überzeugte. Dennoch, es ist eine Band, die durch ihre instrumentale Live-Inszenierung lebt. Denn damit entführt sie den Zuhörer ins Land der Phantasie, wo Agenten noch um ihr Leben rennen, um der „Fratze des Todes“ zu entkommen und sich bei „Heiße(n) Nächte(n) in Sand Toupet“ erholen.

Da bleibt nur der Barhocker auf dem Teppich. Der Gitarrist hingegen schneidet unheimliche Grimassen und selbst dem sonst eher relaxed wirkenden Bassisten stehen die Schweißperlen auf der Stirn – die ihm sein Kollege liebevoll mit einem Tuch entfernt. Und wer weiß, vielleicht wird es ja doch noch mal die passenden Filme zu dieser Musik geben. Die Plakate dazu hat die Band schon auf ihrer neuen Platte entworfen.

Sörre Wieck