Afrikanisches NGO-Bündnis zieht Bilanz: "Die UNO hat in Darfur versagt"
Seit Beginn der weltgrößten Blauhelmmission herrscht in Darfur mehr Gewalt. Viel zu wenige UN-Soldaten sind viel zu schlecht ausgestattet.
BERLIN taz Die Vereinten Nationen schützen die Menschen in Sudans Kriegsregion Darfur nicht. Dies bilanziert das "Darfur Consortium", ein Bündnis von rund 50 afrikanischen oder in Afrika basierten Nichtregierungsorganisationen, in einem am gestrigen Montag vorgelegten Papier. Die seit Anfang 2008 in Darfur stationierte Friedenstruppe "Unamid" von UNO und Afrikanischer Union (AU) "hat versagt", so die Organisationen. "Der Truppe mangelt es an wesentlichen Ressourcen, was die Bevölkerung Darfurs, Hilfswerke und sogar die eigenen Friedenstruppen anhaltenden Angriffen und extremer Gewalt aussetzt. In den ersten sechs Monaten von Unamid hat Gewalt durchschnittlich 1000 Menschen pro Tag vertrieben und Angriffe auf humanitäre Hilfswerke haben zugenommen."
Am 31. Juli 2007 hatte der UN-Sicherheitsrat für Darfur die weltgrößte Blauhelmmission beschlossen - eine "hybride" Truppe namens Unamid aus 19.500 Soldaten und 6.500 Polizisten, zusammengesetzt aus der bereits seit 2004 stationierten AU-Eingreiftruppe "Amis" und noch zu entsenenden Blauhelmsoldaten. Doch bis heute zählt die Truppe weniger als 10.000 Mann, fast ausschließlich die bereits präsenten AU-Soldaten. Weil Sudans Regierung nur Blauhelme aus Afrika und Asien in Darfur akzeptiert, sind bis heute nur ein paar hundert UN-Soldaten dort eingetroffen, die meisten aus Sudans Verbündeten China und Ägypten. Hubschrauber und Panzerfahrzeuge sind Mangelware, und "ehemalige Amis-Soldaten mussten blaue Plastiktüten über ihre Helme stülpen oder diese blau anmalen, um zu zeigen, dass sie zu Unamid gehören", so das "Darfur Consortium".
Das derzeitige Unamid-Mandat läuft am 31. Juli aus. Berichten zufolge kursieren Überlegungen, vor allem seitens Chinas und Südafrikas, eine Verlängerung des Mandats an eine Suspendierung der Darfur-Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs zu knüpfen. Der Chefankläger des Gerichtshofs, Luis Moreno-Ocampo, hatte am 14. Juli einen Haftbefehl gegen Sudans Präsident Omar Hassan el Beshir wegen Völkermordes in Darfur beantragt. Weil die Darfur-Arbeit des Strafgerichtshofes auf einen Beschluss des UN-Sicherheitsrates zurückgeht, hätte dieser die Befugnis, sie auszusetzen. Wenn ein solcher Beschluss mit einer Zusage Sudans gekoppelt wäre, Kriegsverbrechen in Darfur selbst zu bestrafen, könnte er im Sicherheitsrat mehrheitsfähig sein, hoffen Kreise in der Arabischen Liga.
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