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Afrikaner in der Champions LeagueGeschätzte Kraftkicker

Afrikanische Fußballer sind in der europäischen Königsklasse präsent wie nie zuvor. Vor allem die Position vor der Abwehr wird mittlerweile von Spielern aus Westafrika regelrecht dominiert.

Schwer zu stoppen: Barca-Abwehrspieler Yaya Touré (li.). Bild: ap

Man muss schon sehr genau hinsehen, um Yaya Touré wahrzunehmen, wenn der FC Barcelona spielt, zu grell strahlt der Glanz der Offensivkünstler bei den Spaniern. Zuerst waren es die Stürmer Messi, Henry und Etoo von denen die Welt sich hinreißen ließ, dann standen die Passkünstler Xavi und Iniesta im Mittelpunkt der Hymnen. Derjenige, der diese rasante Kombinationsmaschine absichert, ist Touré. Vor dem Rückspiel im Champions-League-Halbfinale beim FC Chelsea (Mi., 20.54 Uhr, Sat.1) meint der Ivorer: "Ich fürchte, dass sie uns in den Zweikämpfen fressen werden." Er sagt das mit seinem gutmütigen Lächeln. Der 25-Jährige weiß genau, dass auch er einige Londoner fressen wird.

Touré steht für eine Entwicklung. Er ist einer von neun Fußballern aus Westafrika, die in den Hinspielen der Königsklasse in den vier Startformationen von Titelverteidiger Manchester United, dessen Halbfinalgegner FC Arsenal (Rückspiel heute, 20.45 Uhr, Premiere), dem FC Chelsea und dem FC Barcelona standen. Brasilien war hingegen nur mit zwei Profis vertreten (Alex und Anderson), ebenso Argentinien (Tevez, Messi). Nimmt man die acht Franzosen hinzu, die sämtlich afrikanische Wurzeln haben, lässt sich getrost die These formulieren, dass der Schwarze Kontinent diese Champions-League-Saison dominiert wie nie.

Otto Pfister entfährt ein zufriedenes Glucksen, als er die Namen der vielen Fußballspieler aus Togo, Kamerun, Nigeria, der Elfenbeinküste und Ghana vorgelesen bekommt, die in der Vorwoche aufgelaufen sind. "Ja, das ist ein Trend, diese Spieler explodieren im Moment", sagt der deutsche Trainer der Nationalmannschaft von Kamerun. Ein wenig Vorsicht ist geboten, wenn einer wie Pfister ins Schwärmen verfällt, doch diesmal sind die Fakten erstaunlich. "Afrika ist angekommen auf dieser allerhöchsten Ebene", sagt der 71-Jährige, denn es sind nicht mehr nur die Topstürmer wie Emmanuel Adebayor (Arsenal), Didier Drogba (Chelsea) und Samuel Etoo (Barcelona), die den Kontinent in der Königsklasse vertreten, auch die strategisch wichtigen Positionen in der defensiven Mittelfeldzentrale befinden sich in afrikanischer Hand.

Bei Barcelona zieht Touré die Fäden, das Spiel des FC Chelsea wird von Michael Essien und John Obi Mikel gelenkt, und beim FC Arsenal agiert der Kameruner Alexander Song an dieser zentralen Schaltstelle. Außerdem standen Kolo Touré und Emmanuel Eboué (beide Arsenal) auf dem Platz, als die Champions-League-Melodie erklang. Sieht man einmal von Lionel Messi ab, sind es in diesem Jahr nicht die südamerikanischen Filigrantechniker, die der Endphase des Wettbewerbs ein Gesicht verleihen, sondern die afrikanischen Dynamiker.

Steffen Freund wundert das nicht. Der frisch ausgebildete Trainer war im vorigen Jahr Assistent von Berti Vogts bei der nigerianischen Nationalmannschaft und sagt: "Viele Impulse, die früher von der Zehnerposition ausgingen, müssen im modernen Fußball von der Sechs kommen. Und weil auf der Sechs eine viel größere Robustheit erforderlich ist, sind die kraftvollen Spieler aus Westafrika mit ihren enormen individuellen Fähigkeiten prädestiniert für diese Position." Pfister sieht das ähnlich. "Nehmen Sie mal einen Torsten Frings", sagt er, "wenn der den Ball im Zweikampf verliert, dann ist der sofort überspielt, ein Essien hat die Kapazität, den Ball in so einem Fall selbst wieder zurückzuholen."

In England hat man den Wert dieser Qualitäten - Otto Pister spricht von der "genetischen Konstitution" - schätzen gelernt. Auch Hoffenheims Ralf Rangnick, der vier Afrikaner in seinem Kader hat, sagt, "diese Laufstärke und die starke Physis sind sehr interessant, das sind ja Fähigkeiten, die man nur bedingt trainieren kann." Die meisten Bundesligisten scheuen Afrikas Fußballer dennoch. "Was die Pflege der Spieler angeht, ist das nicht so einfach", sagt Rangnick. Vor allem deshalb haben die Scouts der Bundesligisten diesen Markt in den vergangenen Jahren anderen überlassen.

In der Bundesliga werden weiterhin die Südamerikaner verehrt, "der englische Tempofußball ist dagegen weniger das Spiel für Brasilianer, hier finden sich Afrikaner schneller zurecht", sagt Freund. Nur Manchester United kommt gänzlich ohne Spieler vom Schwarzen Kontinent aus, während die Mischung der Kontinente Europa, Südamerika und Afrika beim FC Barcelona zu finden ist. Vielleicht ist auch das ein Grund dafür, dass diese Mannschaft derzeit die größte Faszination ausübt. "Wir sind das beste Team Europas in dieser Saison", sagt Yaya Touré, "und jetzt ist es Zeit, dies zu demonstrieren."

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3 Kommentare

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  • TM
    Thomas Meier-Hermann

    Dieser Artikel muß natürlich Widerspruch provizieren, kratzt der Autor doch an dem Dogma, daß im Interesse des Antirassismus Gene auch Sport bedeutungslos zu sein haben. Es kann ja nicht sein, was nicht sein darf.

     

    Den Damen Reuber und Neuberg sei zum Nachdenken zweierlei mitgegeben. Erstens: Ein Schwarzer aus der Karibik hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit westafrikanische Vorfahren, die als Sklaven dorthin verschleppt wurden. All den genannten Spielern westafrikanische Wurzeln zu attestieren, ist daher völlig korrekt (und in keiner Weise rassistisch). Zweitens: Fakten mit "antirassistischen Klischees" zu verwechseln, dient weder dem Antirassismus, noch dem Kampf gegen Rechts, geschweige denn dem Glauben an den gesunden Menschenverstand der Gutmeinenden. Oder denkt jemand ernsthaft, die 100-Meter-Olympiasieger der letzten Jahrzehnte seien durch die Vorurteile ihrer rassistischen, weißen Trainer schneller als die europäische Konkurrenz geworden?

    Die wissenschaftlichen Erklärungen sind anders als behauptet durchaus vorhanden. Schnelle glykolytische Muskelfasern sind je nach genetischer Veranlagung unterschiedlich ausgeprägt und führen zu einer höheren Schnellkraft. Schon in der DDR wurden Kinder und Jugendliche entsprechend untersucht und bei günstiger Veranlagung dem Leistungssport zugeführt. Dieser genetische Vor- bzw. Nachteil kann auch durch gezieltes Training nicht vollständig kompensiert werden (siehe z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Muskulatur#Einteilung_der_Muskelfasertypen) und entscheidet nicht nur über das Potential zum Olympiasieger. Im Fußball begünstigt diese Veranlagung den im Artikel beschriebenen Typus des extrem antrittsschnellen, dynamischen und zweikampfstarken Spielers. Daß diese Erbanlagen unter Westafrikanern besonders häufig vorkommt, ist nicht Rassismus, sondern Realität.

  • SR
    Susanne Reuber/Sophie Neuberg

    Ein Paar Sachen in diesem Artikel lösen bei uns Verwunderung bzw. großes Unbehagen aus.

    1. Der Autor schreibt: "Nimmt man die acht Franzosen hinzu, die sämtlich afrikanische Wurzeln haben, lässt sich getrost die These formulieren, dass der Schwarze Kontinent diese Champions-League-Saison dominiert wie nie."

    Von dieser Behauptung überrascht, haben wir eine schnelle Wikipedia-Suche gestartet und Folgendes gefunden:

    FC Chelsea: Nicolas Anelka (Abstammung: Martinique, Geburtsort: Versailles, Frankreich), Florent Malouda (Geburtsort: Cayenne, Französisch-Guyana)

    FC Barcelona: Éric Abidal (Abstammung: Martinique, Geburtsort: Lyon, Frankreich), Thierry Henry (Geburtsort: Les Ulis, Frankreich, Vater aus Guadeloupe und Mutter aus Martinique)

    FC Arsenal: Samir Nasri (Geburtsort: Marseille, Frankreich, algerischer Herkunft), Bacary Sagna (Geburtsort: Sens, Frankreich, in Frankreich geborener Sohn senegalesischer Eltern), Mickaël Silvestre (Abstammung: Guadeloupe, Geburtsort: Chambray-lès-Tours, Frankreich), Vassiriki Abou Diaby (Ivorischer Abstammung, Geburtsort: Paris, Frankreich)

    Ergebnis: tatsächlich (wenn man es überhaupt so ausdrücken will, da alle in Frankreich geboren sind) haben afrikanisch Wurzeln: Nasri, Sagna und Diaby.

    Wir finden, man sollte mit solchen Worten sehr vorsichtig umgehen, da Rechtsextremisten gern behaupten, die französische Nationalmannschaft sei nicht "richtig" französisch, eben aufgrund der Hautfarbe/Wurzeln/Abstammung vieler Nationalspieler.

     

    2. Der Autor schreibt: "Brasilien war hingegen nur mit zwei Profis vertreten (Alex und Anderson).

    Dazu möchten wir anmerken, dass auch Daniel Alves (FC Barcelona) Brasilianer ist.

     

    3. Wir finden es nicht gut, dass der Autor völlig kritiklos Steffen Freund und Otto Pfister zitiert, wie sie rassistische Klischees zum Besten geben, zum Beispiel "die kraftvollen Spieler aus Westafrika..." seien "prädestiniert für diese Position", dies sei aufgrund ihrer "genetischen Konstitution" zu erklären. Genetische bzw. natürliche Gegebenheiten wurden schon immer gern als Argument benutzt, um Unterschiede zu erklären und zu rechtfertigen. Dies ohne jede wissenschaftliche Grundlage. Eine andere Erklärung könnte z.B. sein, europäische weiße Trainer pflegen das Vorurteil, Schwarze seien "robuster" und fördern deshalb gezielt den Einsatz dieser Spieler auf entsprechenden Positionen. Self-fulfilling prophecy.

    Mit freundlichen Grüßen

    Susanne Reuber und Sophie Neuberg, Berlin

  • PS
    P. Simon

    warum steht der gleiche artikel auf suedeutsche.de , die schw...e kopieren, inhaltlich voll jawohl-kill all the white men;)