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Afghanistan-Kurs der USABloß kein zweites Vietnam

US-Präsident Obama zögert seine Entscheidung zur Truppenaufstockung heraus. Der Rückhalt in der Bevölkerung für seine Afghanistanpolitik schwindet.

Letzte Ehre des Oberbefehlshabers für einen getöteten Soldaten: US-Präsident Obama. Bild: dpa

WASHINGTON taz US-Präsident Barack Obama will den Krieg in Afghanistan noch während seiner Regierungszeit beenden - und er macht Druck auf Kabul: Nach einem Bericht der New York Times vom Donnerstag verlangt Obama von Präsident Hamid Karsai "messbare Ergebnisse" im Kampf gegen die Korruption. Das Weiße Haus entwickle "klare Zielvorgaben" für seine Regierung, möglicherweise sogar mit Zeitrahmen, meldet die Zeitung unter Berufung auf Regierungsbeamte. Unklar seien aber die Schritte der US-Regierung, wenn diese Ziele verfehlt werden. Obama hatte bereits am Vortag in mehreren TV-Interviews erklärt, dass die USA nicht ewig in Afghanistan bleiben würden. "In Kürze" werde er seine Strategie bekanntgeben.

"Ich bin zuversichtlich, dass ich am Ende des Entscheidungsprozesses der amerikanischen Bevölkerung ganz klar sagen kann, was wir dort tun möchten, wie wir unser Ziel erreichen werden, was es kostet und wie lange es dauert", sagte Obama dem Sender NBC. Nach Meinung amerikanischer Medien sind die Würfel im Weißen Haus längst gefallen. Sie sprechen von einer "McChrystal light"-Lösung und deuten an, dass Armeechef Obama den Forderungen des US-Oberkommandierenden in Afghanistan, Stanley McChrystal, nach 40.000 zusätzlichen Soldaten wohl nicht ganz entsprechen wird. Die Rede ist von einer Aufstockung von derzeit 68.000 um mehrere 10.000. Aus Regierungskreisen hieß es, die zusätzlichen Soldaten sollten helfen, zehn besonders wichtige Städte und kleinere Ortschaften zu sichern. Bereits im Januar könnte eine erste Vorhut losgeschickt werden. Im Gespräch ist eine Heeresbrigade (rund 3.500 Soldaten) in Fort Drum im Bundesstaat New York, die sich dort ursprünglich für den Einsatz im Irak fit gemacht hatte, der dann kurzfristig annulliert wurde.

Diesen Plan müsste Obama aber erst einmal im Kongress durchsetzen - und dort bröckelt sein Rückhalt in der Afghanistanfrage. Selbst in den Reihen der Demokraten betrachten viele die Pläne zur Truppenaufstockung mit Skepsis. Etwa Vizepräsident Joe Biden, der für eine Strategie der begrenzten Kontrolle Afghanistans ist. Biden setzt sich für den verstärkten Einsatz unbemannter Drohnen gegen Taliban- und Al Qaida-Stellungen in Pakistan ein. Doch dort ist die antiamerikanische Haltung gerade deshalb gewachsen, weil die von Biden favorisierte Taktik bereits zahlreiche Zivilopfer gekostet hat. Auch der Großteil der Konservativen kann inzwischen nicht mehr viel mit Obamas Afghanistanpolitik anfangen. Sein ehemaliger Gegenkandidat, der republikanische Senator John McCain, kritisiert vor allem die lange Bedenkzeit, die sich Obama für seine Entscheidung ausbedungen hat.

Obama hatte von vornherein angekündigt, sich ein gründliches Bild zu machen, bevor er seine schwerwiegende Entscheidung trifft. Dazu kamen die Wirren um die Wahlfälschung in Kabul und der schwierige Umgang mit der korrupten Regierung von Präsident Hamid Karsai. Nicht zuletzt weiß Obama um die wachsende Unzufriedenheit mit dem Afghanistankrieg innerhalb der US-Bevölkerung. Während im Weißen Haus eine Beratungsrunde die nächste jagte, taten es in den US-Zeitungen die Nachrichten über neue Tote und Verwundete am Hindukusch. Zudem haben noch nie zuvor so viele US-Soldaten den Freitod gewählt wie in diesem Jahr - 140 Soldaten bis November.

Nach einer Umfrage der Washington Post mit dem TV-Sender ABC finden inzwischen 52 Prozent der US-Bevölkerung die hohen Kosten des Afghanistaneinsatzes nicht mehr gerechtfertigt. Die Mehrheit der Amerikaner will diesen Krieg lieber früher als später beendet sehen. Will der Präsident seine Wiederwahl im Jahr 2012 nicht gefährden, muss er dem bald Rechnung tragen. Denn im Januar beginnen schon wieder die Vorbereitungen für den nächsten Wahlkampf. Aus seinem Umfeld heißt es, dass Obama nicht riskieren möchte, ein zweites Vietnam mit in diesen Wahlkampf zu nehmen und möglicherweise daran zu scheitern.

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