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Afghanistan-KriegFangen oder töten

Die Bundesregierung sagt, sie wolle nichts mit gezielten Tötungen in Nordafghanistan zu tun haben, obwohl die Bundeswehr ein US-Geheimkommando beherbergt.

Gezielte Tötungen? Damit will die Bundesregierung nichts zu tun haben. Bild: dpa

Die von Wikileaks veröffentlichten Dokumente werfen die Frage auf, ob die Bundeswehr indirekt mit gezielten Tötungen im Norden Afghanistans zu tun hat - entgegen der offiziellen Regierungslinie. Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour sagte der taz, in einigen der Dokumente gebe es Hinweise darauf, dass amerikanische Spezialkräfte im Auftrag der Internationalen Schutztruppe Isaf gezielte Tötungen auch im deutschen Einsatzgebiet ausgeführt haben. Allerdings seien die Wikileaks-Dokumente nicht unbedingt valide. "Deshalb muss sich die Bundesregierung dazu äußern", sagt Nouripour.

Die Grünen bemängeln, der Verteidigungsausschuss sei nicht ausreichend über die Aktivitäten der amerikanischen Task Force 373 informiert worden, die schon länger auch vom deutschen Lager in Masar-i-Scharif aus operiert. Es wäre schließlich auch denkbar gewesen, dass sie dort "Capture or Kill"-Aufträge ausführt, Aufständische also nur tötet, falls es nicht gelingt, sie gefangen zu nehmen. "Das wäre auch schon grenzwertig gewesen, aber man hat uns nie erzählt, dass diese Spezialkräfte möglicherweise reine Tötungsaufträge erhalten", sagt Nouripour. Angehörige des US-Geheimkommandos befinden sich nach Informationen von Experten ständig in Masar-i-Scharif, sollen dort allerdings in einem gesonderten Bereich untergebracht sein.

Eine Unterstützung von deutscher Seite für das US-Geheimkommando 373 könnte man auch über die Feindeslisten der Isaf herleiten. Die Bundeswehr setzt ebenso wie die anderen in Afghanistan stationierten Kräfte dringend gesuchte Aufständische auf Listen, mit dem Vermerk "gefangen nehmen". Allerdings haben die amerikanischen Streitkräfte zusätzlich ihre eigenen Feindeslisten, für die sie sich auch die Vorarbeit der Bundeswehr zunutze machen können.

Vor diesem Hintergrund fragen sich die Grünen, ob die Isaf das US-Kommando beauftragt hat, im deutschen Kommandobereich Aufständische gezielt zu töten und ob die Bundeswehr davon wusste. "Denn das würde bedeuten, dass die Deutschen die Namen von Menschen nennen, die sie gerne getötet sehen wollen, und dann wegschauen und nichts mehr davon wissen möchten", sagt Nouripour.

Dass das geheime US-Kommando 373 mit dem deutschen Geheimkommando 47 zusammenarbeitet, das ebenfalls in Masar-i-Scharif stationiert ist, kann sich Nouripour eher nicht vorstellen. "Das wäre extrem unüblich."

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7 Kommentare

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  • J
    Jens

    Ich frage mich, warum das Kind nicht beim Namen genannt wird.

     

    Gezielte Tötungen sind und bleiben Mord. Im juristischen wie im moralischen Sinn.

     

    Und die Beihilfe zu gezielten Tötungen ist dann folgerichtig Beihilfe zum Mord. Daher müsste in einem Rechtsstaat die Staatsanwaltschaft ermitteln, schließlich besteht der dringende Verdacht der Beihilfe seitens der Bundeswehr. Und hier können konkrete Personen belangt werden.

     

    Aber da ja nur Menschen zweiter oder dritter Klasse gemordet werden, gilt es diese Tatsache so gut es geht zu verschleiern. Dies gilt auch für die taz, die das beste dazu beiträgt, ihre eigene Leserschaft abzustumpfen.

     

    Wobei immer vergessen wird, dass das Wegschauen bei Mord, das relativieren von Mord erhebliche Rückwirkungen auch auf unser Leben haben wird. Was ja auch der Sinn unserer Rechtsgrundsätze ist.

    Entweder Mord wird grundsätzlich strafrechtlich verfolgt, oder aber wir haben staatliche Willkür. Natürlich zuerst bei Randgruppen / Ausländern / Moslems.

    Ich erinnere hier nur an die Worte von Herrn Niemöller, der es übrigens anfangs auch nicht geblickt hat. Erst als er im Gefängnis war, sind ihm die Augen aufgegangen.

     

    Die entscheidende Frage ist doch: Wie weit wollen wir es kommen lassen?

  • J
    Jens

    Ich frage mich, warum das Kind nicht beim Namen genannt wird.

     

    Gezielte Tötungen sind und bleiben Mord. Im juristischen wie im moralischen Sinn.

     

    Und die Beihilfe zu gezielten Tötungen ist dann folgerichtig Beihilfe zum Mord. Daher müsste in einem Rechtsstaat die Staatsanwaltschaft ermitteln, schließlich besteht der dringende Verdacht der Beihilfe seitens der Bundeswehr. Und hier können konkrete Personen belangt werden.

     

    Aber da ja nur Menschen zweiter oder dritter Klasse gemordet werden, gilt es diese Tatsache so gut es geht zu verschleiern. Dies gilt auch für die taz, die das beste dazu beiträgt, ihre eigene Leserschaft abzustumpfen.

     

    Wobei immer vergessen wird, dass das Wegschauen bei Mord, das relativieren von Mord erhebliche Rückwirkungen auch auf unser Leben haben wird. Was ja auch der Sinn unserer Rechtsgrundsätze ist.

    Entweder Mord wird grundsätzlich strafrechtlich verfolgt, oder aber wir haben staatliche Willkür. Natürlich zuerst bei Randgruppen / Ausländern / Moslems.

    Ich erinnere hier nur an die Worte von Herrn Niemöller, der es übrigens anfangs auch nicht geblickt hat. Erst als er im Gefängnis war, sind ihm die Augen aufgegangen.

     

    Und: Wie weit wollen wir es kommen lassen?

  • R
    Reinhard
  • V
    vic

    Deeskalierend werden die US-Killer sicher nicht auf die deutschen Aufbauhelfer einwirken.

    Angesichts solcher Vorbilder will "Mann" doch kein Weichei sein.

  • F
    FischersKrieg

    Die Bundeswehr ist die Hilfstruppe(Auxilia) der US Spezial Forces, sie leistet Mordkommandos logistische Unterstützung. Die "pazifistische Grünen" sollen mal nicht so tun, als hätten sie das nicht gewußt!

     

    Wegtreten

  • I
    iBot

    Die USA töten also gezielt Terroristen. Menschenskinder, das ist aber in einem Krieg eine riesige Überraschung. Vorher war der Afghanistan-Einsatz moralisch kein Problem, aber jetzt, wo rauskommt, dass da Menschen sterben, möchte ich auch nicht mehr, dass unsere Truppe mit diesem vulgären Sumpf etwas zu tun hat.

  • WW
    william wolfo

    Es geschah alles mit Wissen und Wollen:

    youtube.com/watch?v=_Y1OqPqbq8k

     

    Guttenberg meinte doch, das in den Dokumenten "nichts Neues" stehen würde.

     

    Also, er wußte davon, dass diese Geheimtruppe von der Bundeswehr unterstützt wird. Was muss eigentlich noch passieren, dass die Justiz ihre Kontrollfunktion ausübt außer Krieg und Mord?