Afghanistan-Demo: Unfrieden unter roten Fahnen

Mehrere linke Gruppen protestieren heute gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Einige halten sich raus. Ihnen ist das Motto zu platt. Zudem werde der Protest von der Linkspartei dominiert.

In der Sache sind sich mal wieder alle einig, bloß um die Stoßrichtung gibt es Streit. Unter Linken kein unbekanntes Problem. Diesmal geht es um die Haltung zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan - und um das Motto der dazugehörigen linken Kampagne.

Der Bundestag wird am 7. Oktober die weitere Beteiligung der Bundeswehr an der internationalen Afghanistan-Schutztruppe Isaf beraten. Am selben Tag entscheidet auch das Bundeskabinett. Endgültig stimmen die Parlamentarier Mitte Oktober ab.

Gegen die Verlängerung will heute eine Vielzahl von linken Bündnissen und Friedensinitiativen, Parteien und antifaschistische Vereinigungen in Berlin und Stuttgart demonstrieren. Motto der Protestzüge: "Dem Frieden eine Chance - Bundeswehr raus aus Afghanistan".

"Dieser Leitspruch ist uns viel zu allgemein", sagt Gabi Lips, stellvertretende Geschäftsführerin von Ver.di für den Bezirk Berlin. "Einfach nur die Truppen abziehen - das bringt niemandem etwas. Uns fehlt die Strategie dahinter, was dann mit dem Land passieren soll." Die Gewerkschaft hat daher ihre Mitglieder nicht zur Teilnahme aufgerufen. "Mit solch einem allgemeinen Spruch holt man die Leute nicht auf die Straße", sagt Lips. Im letzten Jahr war die Beteiligung an dem Demozug mit circa 5.000 Menschen in der Tat nicht berauschend - für Berliner Verhältnisse allerdings auch nicht zu verachten. Ver.di sieht das anders: "Es waren zu wenige auf der Straße. Zum Vergleich: Als es um den Irakkrieg ging, waren es 500.000", springt Jürgen Horn, Vorsitzender der Ver.di-AG Frieden und Antirassismus, der Bezirksvertreterin zur Seite.

Jens-Peter Steffen, Mitglied des "Friedensbündnisses gegen die Verlängerung der Bundeswehrmandate", wirft den Ver.di-Vertretern Realitätsferne vor. Seiner Meinung nach haben mehrere Studien bereits bewiesen, dass die Mehrheit der Deutschen für eine sofortige Beendigung des Bundeswehreinsatzes sei. Den Vorwurf der Planlosigkeit für die Zeit nach dem Abzug weist er zurück. "Wir sind eine sehr heterogene Gruppe. Einige von uns sind durchaus für die Erarbeitung einer Strategie, was nach dem Truppenabzug passieren soll."

Doch auch die Initiative "Musik gegen Gewalt", sonst immer in vorderster Front bei Friedensdemos, stellt sich gegen die Hauptveranstalter. Außer logistischer Unterstützung ist dieses Jahr von ihnen kein größeres Engagement zu erwarten. "Uns missfällt die einseitige politische Ausrichtung, die Akteure wie Ver.di verprellt", sagt Holger Werner, Sprecher der Initiative. Vor allem das starke Engagement der Partei Die Linke sieht er mit Argwohn. "Wir wollen überparteilich unsere Aussagen treffen", sagt er.

"Wir müssen uns nicht dafür schämen, dass wir stark für die Demo mobilisieren", entgegnet Linkspartei-Sprecher Thomas Barthel. Schließlich fordere die Linke den Bundeswehrabzug schon seit Jahren.

Ver.di fürchtet dennoch, dass der Protestzug zum Wahlkampfveranstaltung der Linken mutiert. "Das diskreditiert die ganze Demo, wenn die Linke sie mit ihren Fahnen optisch dominiert", sagt Jürgen Horn.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.