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Archiv-Artikel

Affine Quereinsteiger gesucht

Deutsche Waldorfschulen suchen jedes Jahr rund 500 Lehrer. Auch Quereinsteiger können hier einen Job bekommen. Aus- und Weiterbildungen sind dafür ebenso Voraussetzung wie die Auseinandersetzung mit den Lehren der Anthroposophie

VON KLAUS LEONARD

Als die Waldorfeinrichtungen sich Anfang März auf der Bildungsmesse Didacta in Stuttgart präsentierten, verkündete Walter Hiller, der Geschäftsführer des Bundes der Freien Waldorfschulen, gut gelaunt: Über Schülermangel könne man nicht klagen. Doch die wachsende Nachfrage von Seiten der Eltern verursacht auch Engpässe: Das Wachsen bestehender Schulen und Neugründungen führen dazu, dass Waldorfschulen vermehrt Lehrer brauchen. Rund 500 Stellen sind in den knapp 190 Einrichtungen der Bundesvereinigung in Deutschland jährlich neu zu besetzen. Deshalb konzentriert sie sich zunehmend auf die Beratung von Studenten, Pädagogen oder Quereinsteigern, die sich für den Beruf des Waldorflehrers interessieren.

Als die Waldorfeinrichtungen sich Anfang März auf der Bildungsmesse Didacta in Stuttgart präsentierten, verkündete Walter Hiller, der Geschäftsführer des Bundes der Freien Waldorfschulen, gut gelaunt: Über Schülermangel könne man nicht klagen. Doch die wachsende Nachfrage von Seiten der Eltern verursacht auch Engpässe: Das Wachsen bestehender Schulen und Neugründungen führen dazu, dass Waldorfschulen vermehrt Lehrer brauchen. Rund 500 Stellen sind in den knapp 190 Einrichtungen der Bundesvereinigung in Deutschland jährlich neu zu besetzen. Deshalb konzentriert sie sich zunehmend auf die Beratung von Studenten, Pädagogen oder Quereinsteigern, die sich für den Beruf des Waldorflehrers interessieren.

An den bundesweit 8 Lehrerseminaren sowie Hochschulen bestehen, teilweise eigenständige, Ausbildungsgänge zum Lehrer an Freien Waldorfschulen. Die Studiengänge unterscheiden sich stark. Voraussetzung ist in jedem Fall der Entschluss, sich mit den anthroposophischen Grundlagen der Waldorfpädagogik zu befassen. Ein Hochschulstudium mit mindestens erstem Staatsexamen, ein abgeschlossenes Studium in einem für den späteren Unterricht relevanten Fach oder eine abgeschlossene Berufsausbildung sind teilweise Voraussetzung für eine Aus- oder Weiterbildung. Die Freie Hochschule Stuttgart, Seminar für Waldorfpädagogik, bietet auch ein Grundstudium an, einen speziell auf Schulabgänger mit Abitur oder Fachhochschulreife zugeschnittenen Studieneinstieg. Vier Jahre umfasst diese Ausbildung – mit Vorbildung ist in kürzerer Zeit ein Abschluss möglich. Postgraduierte etwa können sich dort binnen eines Jahres als Waldorflehrer qualifizieren.

„Ziel unserer Ausbildung ist es, kreative Prozesse anzuregen, statt nur theoretisch über Pädagogik zu reden“, erläutert Peter Loebell, Dozent der Freien Hochschule Stuttgart. Feste Bestandteile des Curriculums sind Malen, Plastizieren, Musik, Sprachgestaltung und Eurythmie. „Mit Übungen in diesen Bereichen“, so Loebell, „werden wesentliche Aspekte der Ausbildung auf verschiedenen Erfahrungsebenen verinnerlicht.“ Rund 250 Studierende besuchen derzeit die Freie Hochschule Stuttgart. Sie kommen aus aller Welt und werden später auch in aller Welt unterrichten. „In Osteuropa ist das Interesse besonders groß“, berichtet Loebell.

Während Waldorfschulen in Deutschland und auch international Lehrer suchen, zeichnet sich an den staatlichen Schulen in der Bundesrepublik ein gemischtes Bild ab: „Die Nachfrage ist zum einen regional sehr unterschiedlich, aber auch der Bedarf in den einzelnen Lehrfächern variiert stark“, erläutert Marianne Dämmer, Schulexpertin der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW). Vor allem Lehrer aus dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich werden gesucht. Während die demografische Entwicklung in Ostdeutschland viele Lehrer in die Teilzeitarbeit drängt, bleibt der Bedarf im Westen stabil. Eine flächendeckend steigende Nachfrage ist bereits absehbar: Bis zum Jahr 2015 wird etwa die Hälfte der knapp 789.000 hauptberuflich beschäftigten Lehrkräfte in Deutschland altersbedingt aus dem Dienst scheiden. „Wer heute ein Lehramt studiert“, diagnostiziert Dämmer, „wird aller Voraussicht nach auch einen Job kriegen.“

Das verstärkte Interesse vieler Eltern an Plätzen in Waldorfschulen erklärt Hiller mit einer „berechtigten und anerkannten Stellung im gesamten Bildungswesen“. Im Zuge der Pisa-Debatte viel diskutierte Reformen, wie das Modell der Einheitsschule, Verzicht auf Schulnoten und Sitzenbleiben oder künstlerisch-handwerklicher Unterricht, sind feste Bestandteile der Waldorfpädagogik.

Doch anthroposophische Bildung geht über diese Methodik noch hinaus. Dazu der Bund der Freien Waldorfschulen: „Anthroposophie antwortet auf das Bedürfnis des Menschen, ein von Bewusstheit gestaltetes Verhältnis zur übersinnlichen, das heißt zur nicht durch die menschlichen Sinne erfahrbaren Welt zu gewinnen.“ Nicht jeder reformfreudige Pädagoge will diesem Weltbild folgen.