AfD in Brandenburg: Fast alles eine braune Soße
Die AfD könnte in Brandenburg am Sonntag 9 der 10 Bundestagswahlkreise direkt gewinnen. Auch beim Zweitstimmenergebnis droht es, düster zu werden.
Für die AfD in Brandenburg werden es die ersten Wahlkreissiege bei einer Bundestagswahl überhaupt sein. Bisher holte sie in dieser Hinsicht nur in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt Direktmandate, zum Teil, wie in Sachsen, fast flächendeckend.
Noch vor nur dreieinhalb Jahren, bei der Bundestagswahl 2021, war das Ergebnis in Brandenburg ein ganz anderes: Die Karte war durchweg SPD-Rot, die Sozialdemokraten gewannen alle zehn Wahlkreise, Bundeskanzler Olaf Scholz erreichte damals in Potsdam 32,1 Prozent und damit das landesweit zweitbeste Ergebnis.
Damals aber hatte die SPD auch in einer Umfrage unter den Brandenburger Wahlberechtigten kurz vor der Wahl deutlich vor der AfD gelegen, mit 29 zu 18 Prozent. Jetzt ist das Verhältnis nach einer Umfrage von Ende Januar fast umgekehrt: SPD 20, AfD 28 Prozent. Weil sich der Rückhalt für die beiden Parteien auf Bundesebene seither kaum verändert hat, dürfte das in Brandenburg kaum anders sein, auch wenn keine ganz aktuelle Umfrage vorliegt.
Wenig beliebt: SPD-Kanzler Scholz
Nun könnte man sich fragen: Wie kann das sein, die SPD war doch bei der Landtagswahl Ende September vorn? Da aber hatten die brandenburgischen Sozialdemokraten mit Macht versucht, genau das aus dem Wahlkampf herauszuhalten, was jetzt entscheidet: nämlich die Bundespolitik mit dem wenig beliebten Kanzler Scholz.
Den Wahlsieg verdankte die Partei damals allein ihrem Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten Dietmar Woidke und der Strategie, alles auf ihn zu setzen. „Wer Woidke will, wählt SPD“, lautete ein zentraler Wahlslogan.
Schon bei der Bundestagswahl 2021 war die AfD in zwei Wahlkreisen im Süden Brandenburgs nahe am Gewinn des Direktmandats, in einem Fall fehlten nur 0,4 Prozentpunkte. Bereits 2017 holte sie im Wahlkreis Cottbus-Spree-Neiße die meisten Zweitstimmen, musste aber das Direktmandat der CDU überlasen.
Ein Wahlkreissieger hat zwar im Bundestag nicht mehr zu sagen und kriegt auch nicht mehr Geld als ein Bewerber, der über die Landesliste seiner Partei ins Parlament kommt. Rein emotional aber kann sich der Gewählte fortan als „der“ Vertreter der Region im Bundestag präsentieren.
Verwaiste Wahlkreise
Gut möglich ist allerdings, dass nicht alle AfDler, die am Sonntag in Brandenburg in ihren Wahlkreisen die meisten Erststimmen bekommen, auch im Bundestag sitzen werden. Das liegt an der Wahlrechtsreform. Mit neun Direktmandaten hätte die Partei mehr Sitze, als ihr nach einem Zweitstimmenergebnis von etwa 30 Prozent zustehen würden.
Die sogenannten Überhangmandate gibt es aber nach der Reform weitgehend nicht mehr. Draußen bleiben muss in einem solchen Fall, wer im Verhältnis zu anderen AfD-Wahlkreissiegern das schwächere Ergebnis hat.
Dass es trotz solcher in einigen Landesteilen deutlichen relativen Mehrheit bisher keine AfD-Landräte oder Oberbürgermeister in Brandenburg gibt, liegt an den unterschiedlichen Wahlverfahren. Während es bei der Bundestagswahl nur einen Wahlgang gibt, bei dem siegt, wer mehr Stimmen hat als die anderen Bewerber, braucht es bei Landratswahlen eine absolute Mehrheit.
Kommt diese im ersten Anlauf nicht zustande, gibt es eine Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten. Dort können sich die Anhänger der Ausgeschiedenen – so sie einen AfD-Sieg verhindern wollen – etwa hinter einem SPDler sammeln, auch wenn sie eigentlich CDUler sind.
Rechte Jugend
Dürften auch Unter-18-Jährige an der Wahl am Sonntag teilnehmen – das geht anders als auf Landesebene und bei der EU-Wahl nicht – könnte die AfD in Brandenburg noch deutlicher vorn liegen. Nach den – allerdings nicht repräsentativen – Ergebnissen der vom Bundesjugendring organisierten U18-Wahl zwischen dem 7. und 14. Februar kam die AfD in Brandenburg auf 35,6 Prozent der Stimmen.
Das ist mehr, als die AfD jemals landesweit in regulären Wahlen oder Umfragen erzielt hat. In Berlin hingegen erreichte sie nur 8,3 Prozent, bundesweit 15,5.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!