Äußerung über Lafontaine-Nachfolge: Linke-Genossen rüffeln Ramelow
Der Thüringer Linke-Fraktionschef Ramelow hat zur Unzeit eine Debatte über eine Nachfolge Lafontaines losgetreten. Nun versucht er, den Schaden zu begrenzen.
Bodo Ramelow, Fraktionschef der Thüringer Linken, hat das Kunststück vollbracht, die Linkspartei zu einen - und zwar gegen sich selbst. Eigentlich hat Ramelow in einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung nichts Spektakuläres gesagt. Die Linkspartei müsse auch ohne Lafontaine klarkommen können. "Bei einem Lebensalter von 66 muss man sich als Partei auf einen Wechsel vorbereiten", so Ramelow. Außerdem habe Lafontaine selbst vorgeschlagen, dass Partei- und Fraktionsvorsitz künftig doppelt quotiert nach Ost/West und Mann/Frau besetzt wird.
Doch diese Idee ausgerechnet am Tag vor Lafontaines Krebsoperation unters Volk zu bringen, erwies sich als spektakulär ungeschickt - zumal Ramelow neben dem Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch irgendwann als möglicher Aspirant für den Posten des Parteivorsitzenden gilt. Der Chef des als fundamentalistisch geltenden Landesverbands NRW, Wolfgang Zimmermann, befand, dass "Diskussionen über einen Generationswechsel unsinnig und zu diesem Zeitpunkt pietätlos sind". Ähnliche Kritik kam von dem stellvertretenden Linkspartei-Vorsitzenden Klaus Ernst, den Chefs westlicher Landesverbände und von Gregor Gysi. Der Vorsitzende der Realo-dominierten Berliner Linkspartei, Klaus Lederer, meinte, dass "die Entwicklung der Linken zur gesamtdeutschen Partei eindeutig mit dem Namen Lafontaine verbunden ist".
Beim Reformflügel löste Ramelows Interview Kopfschütteln aus. "Wir haben von dem Interview nichts gewusst", so ein Reformer. Nun drohe, dass in dieser unguten Lage alte Rechnungen beglichen würden. Die junge welt, Kampfblatt des Fundiflügels, veröffentlichte gestern anonyme Hinweise aus der "Spitze der Bundestagsfraktion", dass Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch "Falschinformationen, mit denen Lafontaine beschädigt werde, an die Presse gespielt" habe.
Der Ton der Auseinandersetzung ist giftig. Manche in der Linkspartei fürchten, dass diese Friktionen noch zunehmen werden, falls Lafontaine wirklich für längere Zeit ausfällt. Obwohl Lafontaine politisch oft eher aufseiten der Fundis zu finden ist und er das rot-rote Bündnis in Brandenburg intern kritisierte, zweifelt niemand, dass er für die Partei enorm integrativ wirkt.
Bodo Ramelow versuchte am Donnerstag, den Schaden zu begrenzen. Ihm gehe es keineswegs um eine Nachfolgerdebatte oder seine Karriere, erklärte er im ZDF. Den Posten des Parteichefs anzustreben "steht nicht auf meiner zeitlichen Agenda. Es ist nicht tagesaktuell." Lafontaine werde hoffentlich auch 2010 als Parteivorsitzender zur Verfügung stehen.
Lafontaine wurde am Donnerstag in Homburg operiert. Die Deutsche Presseagentur hatte zuvor gemeldet, der 66-Jährige sei an Prostatakrebs erkrankt. Lafontaine selbst hatte in seiner Erklärung nichts über die Art des Krebses verlauten lassen. Es ist ungewöhnlich, dass sich eine Nachrichtenagentur bei der Erkrankung eines Politikers nicht an die Sprachregelung hält.
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