: Ärzte wollen lieber Autos putzen
Bundesweit streiken Ärzte an 15 Uni-Kliniken. Einige halten Autowäsche für lukrativer als Medizin. Ver.di protestiert
BONN/WIESBADEN dpa ■ Auto putzende Ärzte der Universitätsklinik Köln sind am Montag den nordrhein-westfälischen Medizinern aus Bonn und Essen in den Streik gefolgt. Der Ärzteverband Marburger Bund erwartet, dass sich rund 1.000 Mediziner in NRW bis zu drei Tage lang an dem Ausstand beteiligen.
Mit der Autoscheiben-Putzaktion an einer Kölner Kreuzung wollten die Mediziner auf „lukrativere Jobs“ als den Arztberuf aufmerksam machen, sagte der NRW-Verbandssprecher Michael Helmkamp. Zum Hintergrund: Ein Assistenzarzt an der Kölner Universitätsklinik steigt mit 3.000 Euro brutto im Monat ein – je nach Bereitschaftsdienstzeiten steigt dies Gehalt mit jedem Berufsjahr steil an.
Bundesweit wurden gestern 15 Uni-Kliniken bestreikt. Die Mediziner fordern bessere Arbeitsbedingungen und 30 Prozent mehr Gehalt. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) kritisierte die Gehaltsforderung. „Das, was derzeit gefordert wird von der deutschen Ärzteschaft, das summiert sich ja auf 10 Milliarden, das sind mehr als 1 Prozent Beitragssatzpunkte“, sagte Schmidt gestern in der ARD.
Trotz grundsätzlicher Verhandlungsbereitschaft beider Seiten ist ein baldiger Durchbruch nicht in Sicht. Der Marburger Bund und die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) warfen sich am Wochenende vor allem gegenseitig die Verbreitung von Falschinformationen vor.
In Hessen, das nicht mehr der TdL angehört, haben unterdessen separate Tarifverhandlungen für die Uni-Mediziner begonnen. „Wir müssen darin die Besonderheiten berücksichtigen, die nicht für den gesamten öffentlichen Dienst gelten“, sagte Innenminister Volker Bouffier (CDU). Der Verhandlungsführer der Ärzte, Lutz Hammerschlag, lobte das sachlich-fundierte Gespräch. Die Ärzte-Gewerkschaft und das Land haben sich vergangene Woche auf einen schnellen Beginn von Tarifverhandlungen geeignet. Die am Donnerstag in Hessen begonnenen Ärztestreiks an den Uni-Kliniken Frankfurt am Main, Gießen und Marburg sind während der Verhandlungen ausgesetzt. Bouffier sagte zur 30-Prozent-Forderung: „Das ist nicht von dieser Welt.“
Die Gewerkschaft Ver.di kritisierte die Pläne von Land und Marburger Bund. „Einen Sonderweg der Ärzte lehnen wir ab, zumal dieser offenkundig auf Kosten des Pflege- und Servicepersonals gehen soll“, sagte Ver.di-Bezirksleiter Jürgen Bothner. Er forderte einen Tarifvertrag für alle Beschäftigten der Universitätskliniken.