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Ärzte warnen vor Krieg am Golf

■ EG-Außenminister fordern Irak auf, erst mit den USA zu sprechen

Amman/Bagdad (afp/taz) — Der algerische Staatspräsident Benjedid, der sich in den letzten Tagen sehr um eine diplomatische arabische Lösung der Golfkrise bemüht hat, steht mittlerweile recht allein mit seiner Hoffnung, daß es eine friedliche Regelung des Konflikts geben könne. Das US-Verteidigungsministerium berichtet, daß der Irak seine Truppen an den Frontlinien auf über 500.000 Mann verstärkt habe, gleichzeitig reisten zwei der entscheidenden US- Politiker, Verteidigungsminister Cheney und Generalstabschef Powell, zur Truppeninspektion an den Golf. Die Chancen auf direkte US- irakische Gespräche sind währenddessen weiter geschwunden.

Rund 200 Menschen werden pro Stunde bei einem eventuellen Krieg am Golf nach einer Schätzung der Internationalen Ärzte für die Verhinderung eines Atomkrieges (IPPNW) ihr Leben verlieren. Wie der Vizepräsident der IPPNW, Bernard Lown, am Mittwoch in Amman mitteilte, befürchtet die Organisation, daß ein Krieg in der Golfregion rund 100.000 Menschenleben fordern werde. Sechsmal mehr Zivilisten als Soldaten würden durch den Krieg getötet. Die medizinische Versorgung für die Verwundeten sei nicht gesichert. Allein für Zehntausende Menschen mit Brandverletzungen müßten eigentlich mindestens 3.000 Spezialisten zur Verfügung stehen. Doch in der gesamten Region gebe es weniger als 400 Spezialbetten in Krankenhäusern. Lown leitet eine Delegation der IPPNW, die in einer „Sonderfriedensmission“ durch die Golfregion reist. Am Mittwoch verließ die Gruppe, die aus vier US- Amerikanern, einem Deutschen und einem sowjetischen Arzt besteht, Amman in Richtung Bagdad.

Die Entscheidung der EG, vorerst kein Treffen mit Iraks Außenminister Asis zu arrangieren, ist am Mittwoch in der offiziellen irakischen Presse kritisiert worden. In der Regierungszeitung 'El Dschumhurija‘ wurde die „bedauerliche“ Entscheidung vom Dienstag als Unterwerfung Europas unter den Willen der USA kritisiert. US-Präsident George Bush hatte noch am Dienstag die Entscheidung der EG-Außenminister als solidarische Haltung begrüßt. Die Außenminister hätten mit ihrem Beschluß die offensichtlichen Bemühungen der irakischen Regierung vereitelt, eine alternative europäische Verhandlungsoption im Widerspruch zur US-Forderung nach strikter Einhaltung des UNO-Ultimatums zu schaffen.

Der irakische Präsident Saddam Hussein hat erklärt, er sei erst nach der „endgültigen Regelung“ der Palästina-Frage zu Konzessionen über Kuwait bereit. In einem Interview mit dem türkischen Fernsehen bezeichnete der irakische Präsident am Mittwoch alle Treffen mit der US- Regierung als unnütz, wenn Washington lediglich die UN-Resolutionen wiederholen wolle.

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