: Ärzte: Kein Verbot der Embryonen–Forschung
■ Knappe Mehrheit des Ärztetages für „eng begrenzte“ Forschung Oppositionelle beklagen „undemokratisches Verhalten“
Aus Bonn Oliver Tolmein
Gegen ein grundsätzliches Verbot der Embryonenforschung hat sich der in Frankfurt tagende 91. Deutsche Ärztetag ausgesprochen. Mit 107 gegen 99 Stimmen entschieden die Delegierten, „in eng begrenztem Umfang“ müßten derartige Forschungsvorhaben möglich sein. Die Delegierten sprachen sich allerdings mit deutlicher Mehrheit gegen die unbezahlte Arbeit von jungen Ärzten als sogenannte „Gastärzte“ an Krankenhäusern aus: Damit würde die schwierige Arbeitsmarktsituation für Ärzte ausgenutzt. Anträge der oppositionellen Ärztelisten, die sich für eine Bereinigung des Arzneimittelmarktes, für die Schaffung von Ambulatorien und gegen die Vergabe von Werbegeschenken der Pharmaindustrie an Ärzte aussprachen, wurden jeweils mit großer Mehrheit abgelehnt. Die oppositionelle Arbeitsgemeinschaft der Listen demokratischer Ärzte hatte im Vorfeld des Ärztetages kritisiert, daß sie aufgrund „des undemokratischen Verhaltens der konservativen Mehrheit mehrerer Landesärztekammern“ nur acht Prozent der Delegierten des Ärztetages stellen können, obwohl der Stimmanteil der oppositionellen Listen bei den Landesärztekammerwahlen zwischen zwölf und 40 Prozent liegt. Kritik gab es auch daran, daß sowohl den Internationalen Ärzten gegen den Atomkrieg als auch dem Verein Demokratischer Ärztinnen und Ärzte ein Sitz im Präsidium des Ärztetages verweigert wurde, in dem sonst fast alle berufsständischen Organisationen der ÄrztInnen vertreten sind. Für Aufsehen hatte im Vorfeld des von der Bundesärztekammer organisierten Ärztetages ein Gutachten gesorgt, das die Grünen bei dem Bremer Jura–Professor Stuby in Auftrag gegeben hatten. Stuby kommt darin zu dem Schluß, daß „wegen der mangelnden Innendemokratisierung ... die Organe vieler Landesärztekammern, aber insbesondere die der Bundesärztekammer nicht als repräsentativ für die deutsche Ärzteschaft bezeichnet werden (können)“. Die grüne Abgeordnete Heike Wilms– Kegel verwies bei der Vorstellung der Stuby–Studie auf die Tradition der Reichsärztekammer, deren wichtigste Aufgabe im Faschismus die Gleichschaltung und Disziplinierung der Ärzteschaft gewesen ist. INTERVIEW
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