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Ärger um den WinterdienstGeld oder Schnee

Ein Räumdienst verlangt bessere Bezahlung und droht mit Kündigung. Ein anderer hat bereits die Schippen hingeschmissen. Die Bezirke wollen juristisch dagegen vorgehen.

Ab Mitte der Woche muss wohl nicht mehr geschippt werden, dann soll es tauen. Bild: dapd

Der Schnee häuft sich auf - und mit ihm die Probleme bei der Beseitigung. Die Winterdienstfirma Gegenbauer stellt dem Land ein Ultimatum: Aufgrund des neuen Straßenreinigungsgesetzes fordert das Unternehmen 50 bis 80 Prozent mehr Geld. Gegenbauer will bis Mittwoch eine Antwort. Das bestätigte am Sonntag die Sprecherin der Umweltverwaltung, Regina Kneiding. Ansonsten droht die Firma Medienberichten zufolge aus den Verträgen auszusteigen. Ein anderer Räumdienst, der im Auftrag mehrerer Bezirke tätig war, ließ bereits alle Schaufeln fallen und kündigte.

Im November hatte der Senat mit dem neuen Straßenreinigungsgesetz eine Verschärfung der Räumpflicht beschlossen. Zum Winterdienst gehört demnach nicht mehr nur, den Schnee zur Seite zu schaffen und auf glatten Flächen zu streuen. Auch das Eis muss beseitigt werden. Im vergangenen Winter hatten vereiste Bürgersteige zahlreiche Knochenbrüche verursacht. Mit dem neuen Gesetz werden die Hauseigentümer stärker in die Verantwortung genommen. Sie müssen die Räumdienste, die sie beauftragen, auch kontrollieren.

Die Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) kritisiert die Neuregelungen heftig. "Wenn die Anforderungen durch ein undurchdachtes Gesetz kurz vor Wintereinbruch verschärft werden - lange nachdem die Verträge abgeschlossen sind -, ist das unzumutbar", sagte IHK-Sprecher Bernhard Schodrowski der Nachrichtenagentur dapd. Das Gesetz bedeute für die Schneeräumunternehmen einen Mehraufwand, auf den sie sich nicht hätten vorbereiten können und der auch nicht vergütet werde.

Die Sprecherin der Umweltverwaltung weist die Kritik zurück. "Bisher hat sich im Winterdienst durch das neue Gesetz nichts verändert", erklärte Kneiding. Wenn sich eine Eisschicht bilden würde, müsste die zwar abgetragen werden. "Aber das hatten wir dieses Jahr noch gar nicht." Kneiding warnte die Unternehmen vor Kündigungen. "Es kann nicht angehen, dass Firmen jetzt, wo es ernst wird, einseitig aus den Verträgen aussteigen." Die Bezirke, denen der Winterdienst abgesprungen ist, werden der Sprecherin zufolge juristisch gegen Kündigungen vorgehen.

In Reinickendorf redet der zuständige Stadtrat, Martin Lambert (CDU), bereits von einer "Notsituation". Die Firma Grünblick, die eigentlich die öffentlichen Flächen räumen sollte, hatte vergangene Woche überraschend den Winterdienst eingestellt. Hausmeister und Sportwarte seien gebeten worden, bei der Schneebeseitigung zu helfen. Derzeit suche man "händeringend" nach Ersatz, so Lambert. Mehr als 40 Firmen hätten bereits abgesagt. Er hofft jetzt auf Hilfe von der landeseigenen Berliner Stadtreinigung (BSR).

Grünblick kündigte auch in Tempelhof-Schöneberg und Neukölln die Verträge, wie Kneiding bestätigte. Dort seien die Auswirkungen allerdings weniger gravierend als in Reinickendorf, da das Unternehmen vorrangig für das Räumen in den Parks zuständig gewesen sei.

Die Umweltverwaltung lädt die betroffenen Unternehmensverbände Anfang der Woche zu einem Krisentreffen. Ab Mittwoch könnte auch Hilfe von oben kommen: Dann sollen die Temperaturen steigen, auch Regen ist vorhergesagt.

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7 Kommentare

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  • O
    Objektiv

    Danke @ schneemann62

  • S
    schneemann62

    Ist schon arg traurig, was sich manche Bürger so denken. Wenn ihr von Betrügern redet, macht euch mal folgendes deutlich: Erst Gestern hat es wieder so stark geschneit, dass die Hauptfahrbahnen trotz andauerndem Salzeinsatz strahlend weiß und spiegelblank wurden. Wenn also die BSR trotz unermüdlicher Räumarbeit und Salzeinsatz nicht Herr der Lage werden kann, wie sollen es die Privatfirmen, denen jeglicher Einsatz von Auftaumitteln untersagt ist schaffen?

    Ebenso traurig ist aber auch, dass jetzt wieder alle auf die Winterdienstfirmen einprügeln. Na klar gibt es auch in diesem Gewerbe schwarze Schafe, die nur abgreifen wollen. Es stellt sich doch aber die Frage, warum sich vor der Auftragsvergabe kein Aas darum kümmert, die Bieter einmal aufzusuchen und den Bestand an Fahrzeugen zu überprüfen. Erst wenn es schneit und der Schnee liegen bleibt, merken auch die Verwaltungen, dass hier etwas nicht stimmt. Zu Zeiten von Haus und Diener wurden die Bieter noch besucht. Heute zählt bei der behördlichen Vergabe als oberstes Kriterium nicht das wirtschaftlichste Angebot, sondern der niedrigste Preis.

    Um die Diskussion über Preiserhöhungen zu umgehen, hätten die Anbieter von Winterdienst schon im Sommer über eine Änderung des Preisgefüges nachdenken sollen. Mit einer Einsatzbezahlung, verbunden mit einer Vorhaltepauschale würde diese Diskussion erst gar nicht entstehen.

    Also, wenn ihr schon strafen und schimpfen wollt, dann seht zu, den jeweils richtigen mit der jeweils richtigen Sanktion zu treffen. Die Winterdienstler haben bestenfalls Schimpfe verdient. Die wirklich zu strafenden sitzen nach wie vor in den Verwaltungen.

  • O
    Objektiv

    Liebe Freunde,

     

    schön wie objektiv Ihr in die Finanzgeschäfte der kleinen Firmen sehen könnt.

     

    1.) Nicht die Firma sondern der Staat / Bezirk will Geld sparen und macht enrsprechend gewisser EU-Richtlinien eine Ausschreibung. Hier wird in erster Linie auf den Preis und nicht die Qualität geschaut.

     

    2.) Es geht hier nicht nur um eine Eisschicht die durch Wasser entsteht sondern auch um die Eisschicht die ensteht wenn man Schnee platt tritt. Auch die "Eisschicht" ist zu entfernen. Was nicht mit "Räumfahrzeug rüber zu fahren" erledigt ist.

     

    3.) Auch beim Schneedienst sitzen Menschen, die eine Familie haben, man sollte sich vielleicht nicht immer nur beschweren das nichts gemacht wird sondern mal bei der älteren Nachbarn/in anfragen ob man den Einkauf oder sonstiges erledigen kann.

     

    4.) Firmen pauschal als Betrüger Firmen darzustellen ist schon sehr grenzwertig. Diese Firmen müssen mit den geg. Geldern Haushalten und können nicht unbegrenzt Leute einstellen und entlassen, denn dass Geld ist irgendwann auch alle.

     

    5.) Wenn ich Zeitung lese muss ich Wissen das diese teilweise sehr Einseitig berichten und da hier alle auf Seiten der Bezirke sind, geh ich davon aus das die Firmen gar nicht soviel Unrecht haben.

     

    6.) Diese Firmen haben Anwälte die Ihnen ggf. die Kündigung der Verträge empfehlen, also geht bitte nicht davon aus das ein schmarotzender Politiker. Der in seinem Leben wahrscheinlich schon lange nicht mehr gearbeitet hat alles besser weiß.

     

    7.) @Hotte: dem kann ich nur beipflichten.

     

    8.) Wer von euch kann die Menge an Schnee und Eis bitte im August vorhersagen. Das wäre eine Grundlage um den Personalbedarf zu berechnen.

     

    9.) @Alexandra: Was hat Wowereit jetzt damit zu tun. Ausserdem ist Berlin die ärmste Stadt hat mit die meisten Arbeitslosen? Warum sind die noch da wenn sich "Wowi" nicht um diese kümmern würde? Eintrittsermäßigungen für Theater, Zoos ...

    Sarrazin ist rechts??? Diese Aussage beschämt mich für diesen Mann sehr, da er mehr für diese Stadt geleistet hat als du es wahrscheinlich je tun wirst.

     

    10.)Informiert euch objektiver und akzeptiert die Tatsache das Berlin Pleite ist und nicht aus den vollen schöpfen kann. Schnee ist eine Sache mit der wir leben müssen also sollten wir uns arrangieren.

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    Einer der das Geplärre nicht versteht.

  • A
    Alexandra

    Gnaz einfach: Gegenbauer verklagen.

    Hauptsache, Gegenbauer macht einen auf Kunstmäzen für Berlin. Ah, ja, deshalb macht Wowereit sich rar und setzt sich nicht persönlich für schnee- und eis-beräumte Wege und Straßen ein. Wowereit, der mir sowieso als Verächter von Armen und nicht affektiertem Bürgertum vorkommt, der sollte sich lieber eine andere Partei suchen; obwohl die Sozen sind ja nun durch Sarrazin mehr nach rechts geneigt, oder gibt es tatsächlich noch linke Sozialdemokrat/innen?

    Alexandra.

  • H
    Hotte

    Auch Berlin und andere Städte sind "Opfer" der um sich greifenden Privatisierung von städtischen Aufgaben.

  • BB
    Berliner Bürger

    Und die Gängelung der Bürger geht unaufhaltsam weiter...

  • H
    huhN

    Mir wird wirklich schlecht, wenn ich diese Forderungen der Winterdienst-Firmen nach mehr Geld lese. Liebe Leute von Gegenbauer und Co, ist euch was aufgefallen? Auch unter dem alten Gesetz wart ihr verpflichtet, nach dickem Schneefall mal mit eurem Räumfahrzeug rüber zu fahren!

     

    Das, was hier derzeit läuft, ist die reine Verarsche und Erpressung. Bei mir - laut Hausverwaltung zuständig unter anderem Gegenbauer - ist diesen Winter nicht ein einziges Mal auch nur ansatzweise brauchbar Winterdienst geleistet worden! Das war schon letztes Jahr nicht zulässig, das neue Gesetz hat exakt null Einfluss!

     

    Das Problem ist schlicht und einfach, dass immer mehr Firmen auf den Markt treten, die sich denken: Hey, die Kohle sacken wir ein, und der Schnee geht ja wieder weg, wenn es taut. Schnee räumen, Eis beseitigen, streuen? Neee, das schmälert doch den Gewinn.

     

    Dadurch sind die Betrüger-Firmen natürlich billiger als die Firmen, die wirklich noch das tun, wofür sie bezahlt werden. Den Effekt können wir an den Insolvenzen seriöser Firmen und in den Notaufnahmen ablesen.

     

    Die ganzen Winterdienst-Firmen, die ihre Arbeit nicht machen, sind ein klarer Fall für die Staatsanwaltschaft: Ein Abgleich der Anzahl der vorhandenen Fahrzeuge, des vorhandenen Personals und der angenommenen Aufträge wird in vielen Fällen klar einen Betrug belegen - Personal und Fahrzeuge reichen nicht einmal, um nur einmal täglich vorbeizukommen.