Ärger in Frankreich: Eine Zeit, wie geschaffen für Sarkozy
Bei Krisen zeigte sich Frankreichs EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy stets in Höchstform. Zum Abschied sonnt er sich in Erfolgen. Doch zuhause steht ihm das Wasser bis zum Halse.
Außen hui, innen pfui. So beurteilen die Franzosen ihren Präsidenten am Ende seiner sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft. Quer durch die politischen Lager erntet Nicolas Sarkozy Lob für seine europäische Politik: vom Kaukasus bis hin zu der Banken- und Finanzkrise. Hingegen steht ihm innen- und sozialpolitisch das Wasser bis zum Hals. Das Land ist in die Rezession geschlittert, die Arbeitslosigkeit steigt, die Kaufkraft sinkt und die verschiedenen Proteste sind so laut geworden, dass selbst Politiker im rechten Lager große soziale Konflikte befürchten. Um der gegenwärtigen Jugendbewegung die Spitze zu nehmen, hat Paris gerade einen Rückzieher bei einer lang geplanten Bildungsreform gemacht.
Fast zeitgleich erklärt der scheidende Ratspräsident zu seinem europäischen Abschied am Dienstagvormittag vor dem Europaparlament in Straßburg: "Die EU hat mich verändert." Tatsächlich war die sechsmonatige Periode wie geschaffen für einen Politiker von seinem Kaliber. Sie begann mit dem "No" der Iren zum EU-Vertrag, ging weiter mit dem Krieg zwischen Georgien und Russland und endete vorläufig mit der Finanzkrise. Und immer konnte der französische Präsident das tun, was er am besten kann: schnell Präsenz zeigen, laut reden, zupackende Dynamik ausstrahlen. Krisenmanagement war das Hauptmarkenzeichen der französischen Ratspräsidentschaft.
Am Anfang hatten andere Projekte im Vordergrund gestanden: die "Mittelmeerunion", die den französischen Platz im Süden stärken sollte, der europäische Migrationspakt, der die rigide gewordene französische Einwanderungspolitik zum Vorbild für den ganzen Kontinent machen sollte, und die Intensivierung der militärischen Zusammenarbeit in der EU standen im Vordergrund. Diese Kapitel hat Sarkozy eines nach dem anderen abgearbeitet. Bei seiner Mittelmeerunion dämpfte Angela Merkel seine Ambitionen. Sie sorgte dafür, dass sämtliche EU-Mitglieder - auch die skandinavischen und baltischen - dieselbe Repräsentation und dieselben Mitspracherechte in der Mittelmeerunion bekommen. Beim Einwanderungspakt bremste der spanische Sozialdemokrat José Luis Zapatero den Franzosen leicht. Und bei der militärischen Zusammenarbeit erwiesen sich die Piraten vor Somalia als hilfreich. Ihre Überfälle auf durchfahrende Transporte lieferten Sarkozy ein starkes Argument für die Aufstockung der europäischen Militärpräsenz außerhalb des Kontinents.
Zu Höchstform lief Sarkozy bei den unerwarteten Krisen auf. Den Krieg zwischen Georgien und Russland nutzte er, um die zuvor unterbrochenen Gespräche über eine Partnerschaft zwischen der EU und Russland erneut anzuschieben. Und die Finanzkrise gab ihm mehrfach Gelegenheit, kurzfristig internationale Sondergipfel in Paris einzuberufen. Dabei brachte er das alte französische Projekt einer europäischen Wirtschaftsregierung ins Gespräch. Und schlug jeweils gemeinsame europäische Anti-Krisen-Pakete vor. Mit beiden Vorhaben blitzte er bei Merkel ab. Doch in der französischen Öffentlichkeit konnte er sich parteiübergreifender Sympathie sicher sein. Auch außerhalb Frankreichs - wie in Rom und London - fanden Sarkozys Vorschläge Unterstützung.
Am Ende der 12. französischen Ratspräsidentschaft ist das Bild von der EU und von der europäischen Währung in Frankreich positiver als zuvor. Die Franzosen sind überzeugt, dass EU und Euro sie vor noch schwereren wirtschaftlichen Konsequenzen geschützt haben. Und von der Regierung aus Dublin erhielt Sarkozy die Zusage, dass sie ein neues Referendum über den Lissabon-Vertrag ausrichten wird.
In Paris hat sich eine Lobby zugunsten von Sarkozy, dem Europäer, gebildet. Als Belohnung für sein Engagement schlagen PolitikerInnen aus verschiedenen Lagern ihn für weitere internationale Ämter vor. Unter anderem als Präsident der Euro-Gruppe.
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