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■ Adressen-Klau und Ungebetene Parteien-WerbungSchweinefleisch von der CDU

„Was soll der Scheiß????? Woher habt ihr meine Adresse????? Belästigt mich nicht mit eurem Blödsinn !!!!!“ So hart und deutlich sagte es der CDU einer, der ungefragt per E-Mail die Einladung der Partei zur einer wirtschaftspolitischen Werbe-Veranstaltung im Rahmen der „Halbzeit-Kampagne“ der CDU bekommen hatte. Die wesentliche Frage: Wie kommt der CDU-Verteiler „news-§CDU-Bremen.de“ zu seinen Werbeadressen? „Ich habe nie was mit der CDU zu tun gehabt und will das auch nicht“, erklärte der verärgerte Internet-User Markus Bendig der taz. Auf legale Weise, davon ist er überzeugt, könne die christdemokratische Partei sich die Adresse nicht besorgt haben.

Ratlos steht auch Michael Stahmann vor dem Phänomen. Er hat ein kleines Unternehmen, das sich mit Internet-Auftritten beschäftigt, kennt sich also technisch aus. Er bekam am Montag die zweite ungebetene Mail-Werbung, diesmal für eine Polizei-Veranstaltung der CDU. „Normalerweise fragt man an, wenn man neue Adressen in seinen Verteiler aufnimmt, ob die das möchten“, erklärt er die guten Sitten der Branche. Alles andere ist geächtete Zwangswerbung, die in der Szene„spam“ genannt wird, nach dem ekelhaften gepressten Dosen-Schweinefleisch.

Stahmann fragte bei der CDU offiziell nach, wie es denn sein könne, dass seine Adresse in den news-CDU-Verteiler gekommen ist. Man sammele an Info-Ständen Adressen und auch Mail-Adressen, antwortete ihm Michael Glintenkamp von der Bremer CDU. Glintenkamp spekuliert, vielleicht hätten „übereifrige Personen“ fremde Mail-Adressen in die ausgelegten CDU-Listen eingetragen.

Der CDU-Politiker Helmut Pflugradt hatte auf Nachfrage der taz vergangene Woche ähnlich spekuliert: Er könne sich das nur so erklären, dass jemand „vielleicht aus Spaß“ fremde E-Mail-Adressen ins CDU-Verzeichnis eingetragen habe. „Schwachsinn“ sagt dazu der Computer-Experte Stahmann. Eine schlechte Ausrede. „Was übrig bleibt, ist der schlechte Nachgeschmack ...“

Die Pressesprecherin der CDU, die eigentlich für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich ist, erklärte, sie wisse nicht, wer die Mail-Aktion organisiert habe und in ihrem Verteiler seien die Adressen derer, die sich da beschwert haben, auch nicht drin.

Der Datenschutz-Beauftragte erklärte dazu auf Nachfrage, er werde auf seiner Homepage die Öffentlichkeit darüber informieren, wie man sich gegen derartiges „Schweinefleisch in Dosen“ wehren kann. K.W.

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