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Archiv-Artikel

Adenauers Autobauer

Ein Steuergeschenk lockte Ford vor 75 Jahren nach Köln

Harte Zeiten für die Autobranche: Krise bei Opel, VW, Mercedes und der Autokanzler steht kurz vor seinem Abtritt. Wie schön, dass wenigstens die Ford-Werke einen Grund zum Feiern haben: Vorgestern vor 75 Jahren, am 2. Oktober 1930 legten Henry Ford I. und Kölns seinerzeitiger Oberbürgermeister Konrad Adenauer den Grundstein für die Produktionsstätten des Autobauers im Kölner Norden.

Als Ford nach Aufhebung einer Einfuhrsperre für Automobile 1925 nach Deutschland kam, hatte Henry Ford mit dem legendären Modell T – dem ersten auf dem Fließband hergestellten Automobil – in den USA bereits das Zeitalter der Massenproduktion eingeleutet. Im Berliner Westhafen schraubten von 1926 an 350 Mitarbeiter pro Tag durchschnittlich 50 „Tin Lizzies“ zusammen. Die Einzelteile waren in Holzkisten per Schiff aus den USA gekommen – Ford drückte sich so um die hohen Zolltarife. Doch Berlin blieb nur eine Episode.

Nachdem der Erzrivale Chevrolet die Adam Opel AG übernommen hatte, entschloss sich auch Ford, eine eigenständige Automobilfabrikation in Deutschland aufzubauen. 1929 bekam Köln den Zuschlag. Im Wettbewerb um den Autobauer hatte sich die Domstadt gegen Neuss, Düsseldorf und Essen durchgesetzt.

„Wir haben überall unsere Leute suchen lassen, haben lange gesucht und die Wahl zwischen vielen Städten und Stätten gehabt, aber nirgends fanden wir diese idealen Verkehrsverbindungen zu Wasser und zu Luft wie gerade in Köln und besonders im Kölner Industriegelände“, begründete Konzernchef Ford seine Entscheidung. Er unterschlug freilich ein weiteres schlagkräftiges Argument für Köln: Adenauer lockte Ford nicht zuletzt deshalb in die rheinische Metropole, weil ihm der spätere Bundeskanzler – streng vertraulich – angeboten hatte, die Gewerbesteuer der ersten sechs Jahre pauschal zu erheben. Dadurch wurde Köln konkurrenzlos preiswert.

1930 erwarb die Ford Motor Company ein 170.000 Quadratmeter großes Gelände mit 280 Metern Rhein-Front in Köln-Niehl. Am 2. Oktober 1930 erfolgte der Baubeginn für die Halle A – heute ein denkmalgeschütztes Gebäude. Geplant waren 1.200 Arbeitsplätze für die Montage von 60 Automobilen pro Tag bei einer 40-Stunden Woche. Der erste Ford-Lastwagen lief am 4. Mai 1931 vom Band, der erste Pkw, ein Modell-A, am 2. Juni 1931.

Heute sind rund 19.000 Mitarbeiter am Standort Köln tätig. Ford ist damit größter Arbeitgeber in Köln. Die Tagesproduktion beträgt nach Unternehmensangaben 1.850 Fahrzeuge. Insgesamt hat Ford mehr als 34 Millionen Fahrzeuge in Deutschland produziert. PASCAL BEUCKER