Achtung, Sommerloch!: Gesamtschule West - doch zu schön für die Abrißbirne?
■ Wie eine neue Debatte um Verseuchung des Schulgebäudes losgetreten wurde
Seit Jahren streiten die Lehrer, Eltern und SchülerInnen der Gesamtschule West dafür, daß ihre Schule saniert wird. Seit Jahren arbeiten hochbezahlte Labors an Messungen der Belastung, drastische Überschreitungen bei den PCB-Messungen wurde festgestellt, außerdem, so das Ergebnis, ist der Bau asbestverseucht. Und dann wurde ein Gutachten erstellt mit dem Ergebnis: eine Sanierung würde nicht billiger sein als ein Total-Abriß plus Neubau. Nachdem die Koalition aus Kostengründen den Neubau aber verschoben hat, wodurch die Kontinuität der Gesamtschule West unterbrochen wird, geht es bildungspolitisch praktisch um das Ende der Tradition dieser Gesamtschule.
Am heutigen Donnerstag soll nun die Planung für Abriß und Neubauvorhaben der Bildungsdeputation präsentiert werden. Und da tritt die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ulrike Hövelmannm, eine Debatte mit der Nachricht los, bei Nachmessungen seien an fünf Stellen nur geringe PCB-Belastungen gemessen worden. „Das ist ja, vorsichtig gesagt, ein Ding“, kommentiert Hövelmann und stellt die Frage, ob eigentlich der Handlungs- und Sanierungsbedarf so groß sei.
Diese Nachricht, am Dienstag aktuell an die Medien gegeben, ist ein paar Wochen alt. Damals, so berichtet der Sprecher der Umweltbehörde, habe man der SPD-Sprecherin mitgeteilt, daß von 12 Nachmessungen tatsächlich fünf wenig besorgniserregende Konzentrationen an PCB (unter 300 ng/qm) erwiesen hätten, fünf aber bis zu der zehnfachen Menge und zwei sogar katastrophale Ergebnisse (über 3000 ng/qm). Und das, obwohl zwischenzeitlich vorübergehende kleinere Sanierungsmaßnahmen erfolgt sind (Fugen zugeklebt). Aus fünf Messungen, so Bruns-Kösters, kann man zudem seriös nichts ablesen, denn einmal kräftig Lüften macht die Luft PCB-frei. Die wirkliche Belastung ergibt sich nur aus langen Meßreihen, und für die wirkliche Gesundheitsgefährdung im Gebäude der GSW muß man auch die Asbest-Belastung hinzunehmen. „Schlichtweg dummes Zeug“, findet der Sprecher der Umweltsenatorin, Holger Bruns-Kösters, den ganzen Hövelmann-Vorgang.
Wenn ein komplexes Fachproblem, das gleichzeitig sensibel – weil teuer – ist, in die Politik gerät, dann gibt es kein Halten mehr. Einen Tag nach dem Vorstoß der SPD-Politikerin steigen Grüne und CDU in die öffentliche „Debatte“ ein. Der grüne Bildungspolitiker Helmut Zachau, der sich in der Schullandschaft des Bremer Westens gut auskennt, nimmt die Meßwerte von Hövelmann vorsichtshalber nicht ernst. „Die Sanierung der GSW muß wie geplant in den Sommerferien beginnen“, erklärt er. Für ihn sind die PCB-Werte nur vorgeschobene Argumente für ganz andere Gründe: „Die Komplettsanierung darf jetzt nicht aus Kostengründen gekippt werden.“
Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Jörg Jäger hingegen findet die Nachricht „ungeheuerlich“ und macht glaubhaft, daß er nun gar nichts mehr versteht. „Es stellen sich eine Reihe von Fragen.“ Unter anderem die, auf wessen Initiative die neuen Messungen erfolgt seien. Man werde am Donnerstag (heute) in der Sitzung Erklärungen einfordern.
Wenn es nicht streng auf das Sommerloch zugehen würde, dann hätten die Beteiligten ihre Fragen auf der heutigen Sitzung gestellt, anstatt vollmundige Presseerklärungen abzugeben.
K.W.
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