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Was Günter Grass, Hape Kerkeling und Michael Gorbatschow verbindet? Natürlich ein Medienpreis
Weil es doch heutzutage so eine beliebte Recherchemethode ist: Wer unter dem Stichwort „Medienpreis“ googelt, sieht sich binnen 0,03 Sekunden mit „ungefähr 464.000“ Einträgen konfrontiert. Wie mit der Recherche scheint es also auch mit den Medienpreisen nicht ganz so weit her zu sein. Wer soll da noch durchblicken? Sicher, es gibt die Ikonen der Branche wie den Adolf-Grimme-Preis fürs Fernsehen oder die Theodor-Wolff- und Henri-Nannen-Preise fürs schreibende Volk. Doch was machen wir mit der Spezies der allgemeinen Medienpreise?
Vergangene Woche zeichnete das Branchenblatt Medium Magazin vom Chefredakteur des Jahres bis hinunter zum Newcomer des Jahres so ziemlich jede Kategorie aus. Heute Abend rauscht in Berlin die Gala zum „Goldenen Prometheus“, prämiert werden, man ahnt es schon, natürlich der Chefredakteur des Jahres bis hinunter zum alljährlichen Newcomer. Irgendwann später gibt es dann noch in Baden-Baden einen Medienpreis, den ein gewisser Herr Kögel verleiht. Zu dem ist einmal versehentlich Bill Clinton gekommen, was der Sause den sogenannten A-Status verleiht und immer weitere Politpensionäre anzieht, von Michael Gorbatschow bis Nelson Mandela.
In den Jurys dieser erlauchten Veranstaltungen sitzen im Zweifelsfall die Preisträger des Vorjahres sowie alle Medienjournalisten, die nicht bei drei auf den Bäumen sind. (Auch der Schreiber dieser Zeilen gehört dazu.) Das ist weder schlimm noch Schiebung, dient das Ganze doch nur einem Zweck: den Veranstalter selbst im schönsten Licht erstrahlen zu lassen. Oder, um es mit den Worten des Medienpreisträgers Clinton zu sagen: It’s the marketing, stupid.
Und so belobigt das Medium Magazin Giovanni di Lorenzo und Harpe Kerkeling, im Jahr zuvor gab sich sogar Günther Jauch die Ehre. Die Kategorien sind längst vergessen oder existieren im Ungefähren. Wie beim güldenen Prometheus, wo heute Abend Exinnenminister Otto Schily Exnationaltorhüter Oliver Kahn für was auch immer auszeichnet. Ein Zeit-Kollege ist dafür hübscherweise für ein Kahn-Interview nominiert, das nie erschienen ist. Ironie des Schicksals, denn auch der „Goldene Promotheus“ ist eigentlich ein Branchenblatt-Preis. Doch das zugehörige Heft namens V.i.Sd.P. erscheint nur noch als rudimentärer Newsletter im Internet. Macht nichts, schließlich gibt es im zugehörigen Verlag noch ein paar mehr Postillen rund um den PR- und Politzirkus.
Und genug zu tun in Sachen Networking und Marketing gibt es am Festbuffet ohnehin. Denn Preise sind allseits beliebt, auch bei der FAZ. Die bekam zwar eben erst von Günter Grass gerichtlich eins drüber, weil sie ohne Zustimmung zwei seiner Briefe an den damaligen Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller veröffentlicht hatte. Aber freute sich schon einen Tag später in eigener Sache auf der Titelseite des Feuilletons über einen „Award of Excellence“ beim „European Newspaper Award“. Ausgezeichnet wurde eine FAZ-Beilage über – ahem – Günter Grass. Ironie gehört, wie gesagt, zum Geschäft. Der Rest ist Marketing. STG