: Ach so, na dann auf Wiedersehn!
Nach dem 0:1 bei Tabellenführer Bayern München bemüht sich Mönchengladbachs Extrainer Bernd Krauss um ein Last-minute-Angebot ■ Aus München Nina Klöckner
Das Flutlicht war längst abgeschaltet. Die Temperatur lud auch nicht zum Verweilen ein. Doch die Gladbacher Anhänger wurden nicht müde, ihre „Bernd Krauss!“- Rufe in den frostigen Münchner Himmel zu schicken. Wahrscheinlich haben sie geahnt, daß es das letzte Mal sein würde und sie in den Weihnachtsferien einen neuen Namen einstudieren müssen.
Droben im warmen Pressezimmer erzählte Bernd Krauss derweil, daß seine Borussia in München sogar einen Punkt hätte holen können. Hat sie aber nicht. Sondern 0:1 verloren beim FC Bayern und damit den Abstiegsplatz für die Winterpause gefestigt. Und dann sagte der Trainer endlich das, worauf viele schon seit Wochen warteten: „Vorstand, Manager und Trainer haben sich darauf geeinigt, meinen Vertrag aufzulösen.“ Vor dem Spiel in München, wohlgemerkt, und gemeinsam. Puh, das ist schwer zu glauben nach den Querelen der letzten Tage!
Die Gründe? „Wir sind Siebzehnter, haben auswärts noch kein Tor geschossen.“ Das reicht, meint Krauss. So ist das Geschäft: Wenn's nicht läuft, „geht der Trainer“. Das war's. Halt! Des Trainers größter Widersacher im Verein, Präsident Karl-Heinz Drygalsky, wollte auch noch etwas sagen. „Ich möchte Bernd Krauss für die Jahre der hervorragenden Zusammenarbeit danken.“ Und: „Das soll jetzt keine Floskel sein.“ Ach so, na, dann herzlichen Dank und auf Wiedersehen!
Kollege Giovanni Trapattoni klopfte Krauss noch mitfühlend auf die Schulter. Viel Zeit blieb den Bayern für Mitleid aber nicht. Viel zu sehr war man damit beschäftigt, sich selbst zu feiern. 1:0 hatten sie den Gegner niedergerungen, dabei zeitweise sogar recht ansehnlichen Fußball gespielt. Viermal testeten sie Pfosten oder Latte, öfter noch Gladbachs Torwart Uwe Kamps, allein ein zweiter Treffer wollte nicht gelingen.
Dabei waren die Voraussetzungen gar nicht so rosig. Für fünf Stammspieler hatte Trapattoni eine Vertretung finden müssen. Auch Bayerns Bester, Oliver Kahn, mußte den Dienst wegen eines Muskelfaserrisses verweigern. Doch sein Ersatz Sven Scheuer bewegte sich so geschickt zwischen den Pfosten, daß es sich die Bayern sogar leisten konnten, Martin Dahlin ab und an allein durch den Strafraum spazieren zu lassen.
Getroffen hat letztlich nur Jürgen Klinsmann, und das nicht nur sehr anmutig, sondern auch zum hundertsten Mal in der Bundesliga, worüber er sich nach den Wochen der Dürre zumindest ein bißchen freute. Aber mindestens genauso doll darüber, daß „ich zum ersten Mal Herbstmeister bin“.
Genau diese zwei Monate unantastbare Tabellenführung nahm Uli Hoeneß zum Anlaß, um ein paar nette Grußworte Richtung Württemberg zu schicken. Wen er zu den härtesten Konkurrenten um die Meisterschale zähle? „Dortmund und Leverkusen“, sagte Hoeneß. Und Stuttgart? Ja, „aber die haben sich in letzter Zeit lieber mit anderen Dingen beschäftigt“. Das Fußballjahr beendet der VfB mit fünf Zählern weniger als die Bayern. „Jetzt müssen sie nach München mal wieder nach oben schauen und nicht auf die Seite“, sagte Hoeneß und versuchte gar nicht zu verbergen, wieviel Spaß ihm dieser Satz bereitete.
Seine Mannschaft habe ein wunderbares Spiel geboten „und vor allem einen versöhnlichen Abschluß für die Zuschauer“. Es ist klar, daß nun alles gut wird. Ach ja, und frohes Fest für alle!
Allein Franz Beckenbauer hatte wieder Grund zum Knurren: „A überzeugende Leistung, da müssen's nächstes Jahr wiederkommen.“ Vielleicht war es ihm auch einfach nur zu kalt. Oder der vielbeschäftigte Präsident braucht auch mal ein bißchen Urlaub. Den macht jetzt jedenfalls Bernd Krauss. „Last minute“, sagte er. „Da soll es ja tolle Angebote geben.“ Wer weiß, vielleicht hat er ja auch schon längst gebucht.
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