Abwicklung angekündigt: Quelle vor dem Aus
Kein Investor für Quelle in Sicht: Der Insolvenzverwalter hat die Suche am Montagabend aufgegeben. Nun sieht es finster aus für die 10.500 Mitarbeiter.
FÜRTH/ESSEN dpa | "Quelle-Betriebsrat hofft auf baldige Klarheit über Käufer", so berichteten am Montagnachmittag noch die die Agenturen. Die Klarheit kam dann schneller als gewünscht. Und mit ganz anderem Ergebnis: Denn wenige Stunden später musste der Insolvenzverwalter des Mutterkonzerns Arcandor mitteilten, dass alle Bemühungen, doch noch einen Käufer für das Traditionsunternehmen zu finden, erfolglos geblieben sind.
Damit steht der zahlungsunfähige Versandhändler Quelle nun vor dem endgültigen Aus. Es gebe keine Alternative zur Abwicklung, erklärte Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg. Davon habe er Gläubigerausschuss in Kenntnis gesetzt. Die Quelle-Belegschaft soll am heutigen Dienstag in Nürnberg über die weiteren Schritte informiert werden. Zuletzt waren bei Quelle bundesweit noch 10.500 Menschen beschäftigt.
Noch in der Vorwoche hatte der Insolvenzverwalter mitgeteilt, bis Ende Oktober solle eine Entscheidung über den Verkauf der Traditionsfirma fallen. Kein einziger der ernsthaft interessierten Investoren habe sich offiziell aus dem Prozess zurückgezogen, hieß es. Bis vor kurzem gab sich Görg noch professionell optimistisch: "Wir sehen die Möglichkeit, gut zwei Drittel der Arbeitsplätze der Primondo-Gruppe abzusichern."
Der Primondo-Verbund ist die Dachgesellschaft der Versandhandelsmarken in der Arcandor AG. Bislang sollten bei Quelle rund 3700 der bundesweit 10.500 Stellen gestrichen werden. Das wäre schon schlimm genug gewesen.
Eine wesentliche Ursache für das Scheitern der Quelle-Verkaufsgespräche war nach Angaben Görgs die fehlende Einigung über das sogenannte "Factoring". Dabei geht es um die Finanzierung des Versandgeschäfts. Beim Factoring gibt Quelle die Kundenforderungen gegen Provision an eine Bank weiter, die die offenen Beträge im Gegenzug vorfinanziert.
Am 9. Juni hatte die Arcandor AG in Essen die Insolvenz für sich und unter anderem die Töchter Karstadt, Primondo und Quelle beantragt. Der Schritt traf das 1927 gegründete Traditionshaus Quelle mitten in einem tiefgreifenden Umbau, der bereits in den vergangenen Jahren zu scharfen Einschnitten geführt hatte.
Das Unternehmen hatte die Bedeutung des Internets für den Handel erst spät erkannt. In den vergangenen Jahren erfolgte dann eilig eine strategische Neuausrichtung. Viel zu spät, wie sich nun zeigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt