: Abwechslung aus einem Guss
■ Hamburgs HipHop-Klassenbeste wider Willen: Eins, Zwo am Montag in der Markthalle
Sie zählen zum Bes-ten, was diese Republik (beziehungsweise Sprachfamilie) derzeit an HipHop kennt: DJ Rabauke und Rapper Dendemann sind Eins, Zwo. Nicht erst mit ihrem zweiten Album – nur vordergründig naheliegend Zwei betitelt – machten sie den immer auch ein wenig dubios anmutenden Versuch, eine vermeintlich eigene (nämlich „deutsche“) Ausprägung dieses populärkulturellen Feldes zu erreichen, für viele überhaupt interessant. Dendemann, bekennende Battle-Rhyme-Freund, behält die Hände meist schön in den Taschen, lässt andere sich als geltungsbedürftige Chefs gerieren und setzt stattdessen im ureigensten Genre-Sinn auf die schlagende Kraft seiner Worte. Mit DabruTack und Square One ist das Dreamteam im Rahmen der Zwei-Tour jetzt in Hamburg zu erleben.
taz hamburg: Bist du selbst gemeint, wenn du „ich“ sagst?
Dendemann: Eigentlich bin ich nur jemand anders auf „Aha“. Da bin ich die Art Rapper, über die ich mich sonst ärgere. Und dieses zwanghafte Anders-sein-Wollen? Leute sagen das über uns als Kompliment, aber so nett das auch gemeint ist: Wir wollen keine Außenseiterrolle einnehmen oder etwas revolutionieren. Es geht nur darum, originell zu sein. Dann ergibt sich das – leider auch, weil alle anderen so unoriginell sind. Oder viele wenigstens. Originell wird man nicht, indem man alles sein lässt, was die anderen machen. Ich bin neugierig, was Kollege X neues verbrochen hat. Ist aber nun mal das Manko der deutschen HipHop-Szene, dass sie selbigen nicht hört. Höchstens zum abchecken. Da fehlt einigen Leuten die Abstraktionskunst. Wer sich nicht dafür interessiert: Man soll ja auch nur hören, was man mag. Aber ich schöpfe sehr viel für meine eigene Musik aus deutschen Rap-Platten. Nicht nur Zitate sondern auch Arschtritte.
Was für Platten waren mit im Studio?
Dendemann: Musikalisch halt diesmal mehr Jazz. Für diesen Sound, den wir wollten: irgendwie alt, irgendwie neu.
Rabauke: Es ist bei uns schon relativ lange her, dass man irgendwie mal verstanden hat, dass Jazz und Rap ziemlich gut zusammenpassen. Ohne jetzt dieses Jazz-Rap-Ding irgendwie nochmal so hervorzuheben. Man sampelt halt das, was man irgendwie gut findet an dem Tag. Das war diesmal einfach mehr Jazz.
Dendemann: Es ist auch das Finden, das Spaß macht. Wir als Macher haben bei jedem Beat fünf Cover vor Augen, die dazu beigetragen haben. Hört sich natürlich bestenfalls so an, als wäre es ganz einfach gewesen. Aber es ist geil, wenn man da auch mal Zeit mit verbracht hat: mit Beats. Die drei, vier Tage gehört hat und immer noch gut findet. Weil, es gibt nichts Schlimmeres, als wenn ein eigener Beat nervt. Das passiert nun mal, gerade wenn man viel auftritt. Sowas möchte ich, so weit es geht, ausschließen.
Und wann war klar, dass die Platte fertig ist?
Dendemann: Wir haben immer eine Spiellänge im Kopf: eine Stunde, ein knappes Stündchen. Zu lang ist auch nichts. Und bei mir war es schon im Vorfeld so, dass ich ein Gefühl haben musste, dass es aus einem Guss kommt, aber mit größtmöglicher Abwechslung. Irgendwann war das gut.
Ihr geht nicht allein auf Tour?
Rabauke: Es gibt eine tolle Supportband, Square One, und DabruTack hat sich jetzt auch bestätigt. Der muss dann als erster raus, glaube ich.
Ihr seid Headliner.
Rabauke: Ja, klar. Also, was heißt klar, aber wenn man gehört hat, was Square One verkauft haben, ist das eigentlich ganz schön traurig: 1000.
Und liegt das daran, dass sie nicht auf deutsch rappen?
Rabauke: Ich weiß nicht.
Dendemann: Die Leute könnten sich heute jede Woche was Deutsches kaufen. Aber sie können es natürlich nicht, weil sie das Geld gar nicht haben. Aber auch generell scheiden sich an der Platte irgendwie die Geister. Leute, wo ich denke, dass sie durchdrehen, wenn die das hören, sind total unbeeindruckt. Obwohl sie wissen, dass das echt super produziert ist und die alle rappen können. Ich war fertig mit der Welt, als ich das Album gehört habe. Das war so: „Mann, wenn die mit uns auf Tour gehen, wie geil wäre das denn?“ Und ich finde es schön, das den Kids – die echt zuhören, das haben wir gemerkt, die geben echt was darauf, was man ihnen sagt –, zu zeigen: Das ist unsere Lieblingsmusik, das ist näher an uns dran als viele Sachen, bei denen ihr das vielleicht zu wissen glaubt.
Interview: Alexander Diehl
Montag, 20 Uhr, Markthalle
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