Abtreibungsgesetz in Texas: Niederlage für Frauenkliniken
Texas' Oberstes Gericht hat eine Klage von Kliniken zurückgewiesen. Das dürfte der finale Schlag sein gegen den Versuch, das Gesetz anzufechten
Das Gesetz verbietet alle Abtreibungen ungefähr ab der sechsten Schwangerschaftswoche – ab dem Zeitpunkt, da ein Herzschlag festzustellen sei. Expert:innen weisen aber darauf hin, dass ein Embryo zu diesem Zeitpunkt noch kein Herz ausgebildet habe, sondern es nur einen Zellcluster gebe, der gar nicht wie ein fertiges Herz schlagen könne. Zu diesem Zeitpunkt ergebe sich das Pochen im Ultraschallgerät nur aus elektrischer Aktivität des Zellclusters.
Viele Frauen wissen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, dass sie schwanger sind. Außergewöhnlich an dem Gesetz ist, dass es Privatpersonen ermöglicht, zivilrechtlich gegen alle vorzugehen, die bei einer Abtreibung helfen. Dieser rechtliche Kniff macht es auch besonders schwer, das Gesetz vor Gericht anzufechten.
Um das Gesetz gab es ein juristisches Tauziehen. Im Dezember hatte der Oberste Gerichtshof der USA entschieden, dass das Gesetz in Kraft bleiben kann. Mit seiner Entscheidung hat der Supreme Court aber Klagen im sehr eng gesteckten Rahmen dagegen erlaubt. Eine solche Klage hat der Texas Supreme Court nun zurückgewiesen. Abtreibungskliniken hatten versucht zu argumentieren, dass das Gesetz tatsächlich von Staatsbeamt:innen durchgesetzt wird – in diesem konkreten Fall von Beamt:innen, die für medizinische Zulassungen zuständig sind.
Zum Abbruch in die Nachbarstaaten
Das Gericht in Texas hat das zurückgewiesen. Das Gesetz gebe diesen Beamt:innen „keine Befugnis zur direkten oder indirekten Durchsetzung der Anforderungen des Gesetzes“, sondern setze auf private Zivilklagen, hieß es in der Urteilsbegründung. Das heißt, es bleibt den Abtreibungskliniken niemand mehr, gegen den sie eine Verfassungsklage vor Gericht einreichen könnten. Eigentlich sind Abtreibungen nach einem Grundsatzurteil des Supreme Court von 1973 in den USA bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt – heute etwa bis zur 24. Schwangerschaftswoche.
Texanische Schwangere fahren nach Daten der Organisation Planned Parenthood verstärkt in Nachbarstaaten wie Oklahoma, New Mexico, Kansas, Colorado und Missouri für einen Abbruch: Die Anzahl der Patient:innen aus Texas in Planned-Parenthood-Kliniken dieser Staaten ist demnach vom 1. September bis 31. Dezember 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 800 Prozent gestiegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“