Abtreibungsgesetz in Polen: Kurs auf Verbot
Polen hat aktuell bereits eines der strengsten Abtreibungsgesetze. In dem überwiegend katholischen Land könnte es bald noch weiter verschärft werden.
Ins Rollen gebracht wurde die Debatte von der Bürgerinitiative „Stopp Abtreibung“. Die Abtreibungsgegner sammelten mehr als eine halbe Million Unterschriften für eine Petition, obwohl für ihre Initiative schon 100.000 ausgereicht hätten. Das Parlament stimmte nun mit großer Mehrheit dafür, mit der Petition den Justiz- und Menschenrechtsausschuss zu befassen.
Gleichzeitig scheiterte bereits in erster Lesung eine Gegeninitiative, die eine Liberalisierung der Abtreibungsregelung in Polen erreichen wollte. Unter dem Titel „Rettet die Frauen“ sollten Abtreibungen künftig bis zur zwölften Schwangerschaftswoche ohne Einschränkungen möglich sein. Diese Petition hatten 215.000 Menschen unterschrieben.
Das derzeitige polnische Gesetz ist bereits sehr restriktiv und EU-weit eines der strengsten: Es erlaubt Schwangerschaftsabbrüche nur bei Gefahr für Leben oder Gesundheit der Mutter, nach Vergewaltigung oder Inzest oder wenn der Fötus bleibende Missbildungen aufweist.
Nach der Petition der Abtreibungsgegner sollen illegale Abtreibungen künftig mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden – auch für die betroffenen Frauen. Staat und Gemeinden sollen zudem verpflichtet werden, Frauen und Familien finanziell zu unterstützen, die ein behindertes Kind großziehen.
Das Parlament verwies am Freitag zudem eine Gesetzesvorlage über eine Verschärfung der Regelungen für künstliche Befruchtung zurück in den zuständigen Ausschuss. Nach der Vorlage soll insbesondere das Einfrieren von Embryonen verboten werden.
Außerdem sieht der Entwurf einer Gruppe von Abgeordneten vor, dass künftig nur noch eine einzige befruchtete Eizelle Frauen pro Eingriff eingepflanzt werden soll, was die Chancen auf Nachwuchs für kinderlose Paare erheblich verkleinert. In Polen finden jährlich weniger als 2000 legale Abtreibungen statt. Menschenrechtsorganisationen gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, exakte Zahlen gibt es nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag