Abspaltung von der ANC: Kampf zweier Regenbogen
Südafrikas einstige Befreiungsbewegung ANC ist endgültig gespalten: Dissidenten um Expräsident Thabo Mbeki gründen ihre neue Partei "Congress of the People" als "Partei für alle Farben".
Tausende Delegierte jubeln und winken. Sie begrüßen einen neuen prominenten Genossen: Allan Boesak verkündet seinen Beitritt zur Partei und verspricht mit charismatischer Ausstrahlung einen Wandel mit mehr politischer Toleranz. Die Mitglieder der jüngsten Partei Südafrikas tanzen in ihren gelben T-Shirts mit der Aufschrift "Verteidigt unsere Demokratie" im Festsaal der Universität des Freistaates in Bloemfontein während des Abschlusstages der Gründungsversammlung des Cope (Congress of the People - Volkskongress), die neue Abspaltung des regierenden ANC (Afrikanischer Nationalkongress), die die ehemalige Befreiungsbewegung unwiderruflich spaltet und Südafrikas Politik aufmischt. Boesak, ehemaliger Pastor, Ikone des Antiapartheidskampfes und jüngster Überläufer aus dem ANC, ruft den 4.000 Begeisterten zu, dass sich das Blatt nun gewendet habe. Cope-Präsident Mosioua "Terror" Lekota, ehemals Verteidigungsminister, hatte am Vorabend bereits gewettert: "Der ANC mehr noch als jeder andere sollte wissen, dass es keinen Weg zurück gibt. Wir freuen uns jetzt auf die Wahlen!"
So ist nun erstmals in Südafrika ein echter politischer Wettstreit zwischen zwei Parteien im Gange, die bei den Wahlen voraussichtlich im März 2009 erbittert um dieselben Wähler kämpfen werden. Der Wettstreit war bereits vor der dreitägigen Gründungsversammlung von Cope voll im Gange. Hauptgegner von Cope ist der ANC mit Jacob Zuma als Präsident. Die neue Partei ist die Konsequenz daraus, dass Zuma vor einem Jahr in einer Kampfabstimmung auf einem ANC-Parteitag die Führung der Partei gewann und im vergangenen September Präsident Thabo Mbeki zum Rücktritt zwang.
Zuma, in Südafrika heftig umstritten wegen Verdacht auf Korruption, ist beliebt bei den Massen, die auf eine Umverteilung des Wohlstandes hoffen. Er ging gestern frontal in die Offensive gegen Cope. Während die neue Partei in der Universität von Bloemfontein aus der Taufe gehoben wurde, sprach der ANC-Chef im Seisa-Rampodu-Stadion der Stadt zu seinen Fans, gekleidet in T-Shirts in der ANC-Farbe Gelb. Zuma erinnerte an die Opfer, die für die Befreiung des Landes von weißer Unterdrückung gemacht wurden. Viele sahen seine Veranstaltung als Ablenkungsmanöver von Cope. Zuma betonte: "Nur der ANC kann wirkliche Einheit und Wohlstand in diesem Land bringen."
Cope behauptet, Südafrika leide an einer Führungskrise, geprägt von Arroganz im ANC. Doch die Parteichefs Lekota und Shilowa gehörten bis vor kurzem genau dieser Führung an. "Beide politische Parteien kämpfen darum, wer das Herz des ANC besitzt", sagt Yasmin Sooka, Vorsitzender der südafrikanischen Stiftung für Menschenrechte. "Cope scheint mehr aus Eliten zu bestehen, und es wird schwierig für sie werden, die Menschen an der Basis zu erreichen."
Die größte Herausforderung für Cope ist die Distanzierung von Thabo Mbeki, dessen Nähe zur neuen Partei kein Geheimnis ist, wenngleich er offiziell beim ANC bleibt. Zunächst unterscheiden sich die Forderungen von Cope nicht von den proklamierten Zielen des ANC: Verringerung der Armut und der 40-prozentigen Arbeitslosigkeit, mehr innere Sicherheit und bessere Bildung sowie der Kampf gegen HIV/Aids. "Die Programme dafür sind bereits unter der ANC-Regierung verabschiedet worden", meint Thabo Rapoo vom Zentrum für politische Studien. "Es geht um die Umsetzung." Die werde mit Cope stattfinden, nicht mit dem ANC, hatte Mbhazima Shilowa, erster Vizepräsident der neuen Partei und früherer Premier der Provinz Gauteng, bereits auf der ersten Veranstaltung der ANC-Dissidenten im Umfeld Mbekis vor acht Wochen in Johannesburg versprochen. Damals war mit viel Enthusiasmus die Gründung einer neuen Partei beschlossen worden.
Rapo meint, dass Cope auf bis zu 20 Prozent der Stimmen zählen kann, und die Partei reklamiert bereits 400.000 Mitglieder, gegen 650.000 für den ANC. Würde diese Prognose eintreten, wäre die bisher felsenfeste absolute Mehrheit des ANC in Gefahr. Viele Cope-Anhänger sehen sich als glaubwürdige Alternative zum ANC, mit dessen Führungsstil sich besonders die jüngere schwarze Mittelschicht und viele weiße Wähler nicht identifizieren können. Aber Cope behauptet, auch zahlreiche weniger gut verdienende Südafrikaner anzuziehen, eine Partei für alle Klassen und Farben zu sein. Und sie genießt die finanzielle Unterstützung vieler Wirtschaftsvertreter, darunter auch Shilowas Ehefrau Wendy Luhabe, einer der erfolgreichsten südafrikanischen Geschäftsfrauen.
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