: Absolut festin Männerhand
Männerprofiklubs fehlt es an weiblicher Führung. Die Initiative „Fußball kann mehr“ verdeutlicht das
Von Frank Hellmann
Der Frauenfußball ist mit der Europameisterschaft noch in aller Munde, da macht die Frauen-Initiative „Fußball kann mehr“ (FKM) auf strukturelle Probleme auf der Führungsebene aufmerksam. Aus der Lektüre des Jahresberichts „Lage der Liga“ wird klar: Die Führungsetagen der 36 Lizenzvereine bleiben fest in Männerhand. Lediglich sechs Prozent der Positionen im Top-Management sind mit Frauen besetzt. „Diese Analyse ist keine Schuldzuweisung, aber Fußball ist ein Ergebnissport“, betont Katja Kraus, Co-Beiratsvorsitzende von FKM. „All die positiven Gespräche und Veränderungsbestrebungen vieler Entscheider münden bislang nicht in entsprechenden Zahlen.“
Die ehemalige Nationaltorhüterin und früheres Vorstandsmitglied beim Hamburger SV wird als Geschäftsführerin einer großen Sportmarketing-Agentur nicht müde, die Bundesligisten daran zu erinnern, sich auf Führungsebene diverser aufzustellen. Schon im Vorjahr fiel die erste Erhebung der AllBright-Stiftung ernüchternd aus. Nun sind die Zusammensetzungen von Top-Management, Kontrollgremium, Aufsichtsrat und der zweiten Führungsebenen, die sogenannten Direct Reports, erneut durchleuchtet worden. Wie im Vorjahr haben nur der FC Schalke 04, FC St. Pauli, 1. FC Heidenheim und Werder Bremen eine Frau im Top-Management – alle anderen 32 Klubs nicht.
Veränderungen sind nicht in Sicht. Bei der Neubesetzung von 19 Positionen auf Top-Level ging nur eine an eine Frau: Die Rechtsanwältin Luise Gottberg wurde in das Präsidium des FC St. Pauli gewählt. Überhaupt nur drei Klubs (Werder Bremen, St. Pauli und der Hamburger SV) haben Zielvorgaben für Diversität in ihren Satzungen verankert.
Die bekommen die deutschen Vereine nicht mal in den Kontrollgremien hin, wo von 271 Posten nur 28 mit Frauen (10,3 Prozent) besetzt sind. Hier gehen neben St. Pauli noch der SC Freiburg, Eintracht Braunschweig und FSV Mainz 05 voran. Auf zweiter Führungsebene ist jeder fünfte Posten mit einer Frau besetzt. Der Fast-Aufsteiger SV Elversberg kommt hier auf eine Quote von 44 Prozent. Grundsätzlich ist das alles zu wenig, wie Fernando Carro, Vorsitzender der Geschäftsführung von Bayer Leverkusen, festhält: „Die Frauen, die bereits in Leitungspositionen bei uns arbeiten, führen uns als Klub und mir persönlich jeden Tag vor Augen, wie wichtig Diversität für unsere Organisation und für die gesamte Gesellschaft ist.“ Es sei in seinem früheren Berufsleben selbstverständlich gewesen, „auf Frauen zu setzen, und ich bin dabei nie enttäuscht worden. Im Fußball ist strukturell noch einiges an Arbeit zu tun.“
Das findet auch Dorothee Bär, Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt: „Mit sechs Prozent Frauen im Top-Management schneiden die Bundesligaklubs erheblich schlechter ab als vergleichbare kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland. Meine Überzeugung ist, dass an jeder Position im Fußball die Besten stehen sollten – nicht nur auf dem Feld.“ Die CSU-Politikerin hatte im vergangenen Jahr bereits beim „Women in Football Summit“ in der DFB-Akademie den Fußball als deutlich rückständiger im Vergleich zur Politik bezeichnet.
Um Vorhaltungen zu begegnen, es würden sich gar nicht genug Frauen bewerben, starten DFB und DFL ein Projekt. Auf der ersten Karrieremesse für Frauen („Dein Job im Fußball“) soll der Zugang für Quereinsteigerinnen erleichtert werden. Vereine und Verbände präsentieren sich am 16. September auf dem DFB-Campus in Frankfurt, laden zu Dialogformaten und Networking-Möglichkeiten. Dass etwas getan muss, ist auch für Axel Hellmann unbestritten. Der Vorstandschef von Eintracht Frankfurt, der auch Co-Beiratsvorsitzender der Initiative FKM ist, sagt: „Wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen im Fußball. Im Männer- und im Frauenfußball. Wir werden das aber nur erreichen, wenn dies in den Vereinen, von den Mitgliedern und Fans getragen und vorangetrieben wird.“
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