museumsinsel : Abseitige Begehrlichkeiten
Baustellen hat die Museumsinsel wahrlich mehr als genug. Das Neue Museum wird rekonstruiert, das Pergamonmuseum erweitert und Schinkels Altes Museum saniert. Schließlich sind da der Bau der neuen Archäologischen Promenade sowie die Sanierung des Säulenhofs vor der Nationalgalerie. Dass der Museumsinsel eine weitere Baustelle in Form eines Volksbegehrens ins Haus steht, mit dem David Chipperfields „James-Simon-Galerie“ verhindert werden soll, wird den Bauherrn Stiftung Preußischer Kulturbesitz auch nicht gleich umhauen. Ärger ist man schließlich gewohnt. Und ob das Begehren Erfolg hat, ist zweifelhaft.
KOMMENTAR VON ROLF LAUTENSCHLÄGER
Problematisch indessen bleibt, dass hier ein demokratisches Verfahren für offenbar sehr individuelle und partikulare Begehrlichkeiten – noch dazu in Sachen Kunst und Kultur – ausgenutzt wird.
Es ist gutes Recht der beiden prominenten Unterstützer Günther Jauch und Lea Rosh, für nostalgisch angehauchte statt moderne Architektur einzutreten – siehe das Sponsoring des TV-Moderators für den originalen Aufbau des Potsdamer Schlossportals. Ebenfalls ist es nicht gleich reaktionär, auf historisierendem Disney zu stehen.
Abseitig wird es aber, wenn eine Prominenz ihre Interessen mittels eines aufgesetzten Volksbegehrens gegen von Stadt und Land, von gewählten Gremien und Verbänden verabredete Beschlüsse in Stellung bringt. Nicht Diskussion, nicht Diskurs, sondern geschmäcklerische Anmaßung verbirgt sich womöglich dahinter. Das erinnert an Rollback, an Revision und Ignoranz gegenüber politischer Kultur.
Außerdem: Wen in der Stadt – außer ein paar Altberlinern– interessiert das wirklich? Gibt es einen echten Konflikt um Chipperfield und seine Architektur? Vielleicht ist er ja wirklich zu modern oder zu dysfunktional? Dann müssen die Stiftung und der Architekt das richten. Darin sind sie frei. Volksbegehren sind für andere Dinge reserviert.
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