Abschiedstreffen Bushs und Putins: Keine Einigung über US-Raketenschild
Das letzte Treffen zwischen US-Präsident Bush und Amtskollege Putin sollte dem Verhältnis eine versöhnlichere Perspektive verleihen. Doch viele Militär-Streitfragen blieben ungelöst.
US-Präsident George W. Bush und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin verstehen sich persönlich prächtig. Davon zeugte auch das letzte Treffen der scheidenden Staatschefs am Wochenende im russischen Sotschi. Beide ließen sich am Vorabend der Gespräche von den Rhythmen eines Kosakenensembles zu gemeinsamem Tanz verleiten und schlenderten am Ufer des Schwarzen Meeres entlang.
Um die russisch-amerikanischen Beziehungen stand es während der Regentschaft der beiden hingegen nicht zum Besten. So verfolgte das letzte Spitzengespräch auch das Ziel, dem Verhältnis wenigstens eine versöhnlichere Perspektive zu verleihen. Die Einladung ging von der russischen Seite aus, die Initiative, nach dem Nato-Gipfel in Bukarest noch eine strategische Rahmenvereinbarung zu unterzeichnen, soll auf amerikanische Anregung zurückzuführen sein.
Die als "road map" bezeichnete Rahmenvereinbarung besitzt nur deklaratorischen Charakter. Sie enthält neben den erfolgreichen Projekten bei der Terrorismusbekämpfung und in der Wirtschaft auch offene militärisch strategische Streitpunkte. Moskau erhebt Einspruch gegen die Errichtung eines US-Raketenschilds in Osteuropa und drängt auf eine Veränderung des KSE-Vertrages über konventionelle Streitkräfte in Europa. Umstritten ist auch das Schicksal des 2009 auslaufenden START-Vertrages, der die Abrüstung strategischer Atomwaffen regelte. Washington will das Abkommen verlängern, der Kreml besteht auf inhaltlichen Veränderungen. Die road map soll, sodie Abrüstungsexpertin Rose Gottemoeller von der Moskauer Carnegie-Stiftung in diesen Bereichen zumindest die russischen Einwände und Bedenken aufgreifen. Bei der Dislozierung des Raketenabwehrsystems in Tschechien und Polen hätten die USA ihren Vorschlag konkretisiert, der es russischen Militärs erlauben würde, die Anlagen zu inspizieren.
Nach dem Tete-a-tete mit George Bush sagte Wladimir Putin: "Unsere strategische Haltung zu den US-Plänen des Raketenabwehrschilds ist unverändert". Er sei aber "vorsichtig optimistisch", dass eine Einigung möglich sei.
Den Vorschlag von Bush, das Raketenabwehrsystem gemeinsam zu erarbeiten und Moskau beim Aufbau eine gleichberechtigte Rolle zukommen zu lassen, griff Putin in der Pressekonferenz noch einmal auf. Das Wichtigste sei die gemeinsame Arbeit an dem System, meinte der Kremlchef. Auch die Rahmenvereinbarung hält fest, dass Russland grundsätzlich an dem Bau eines Abwehrsystems interessiert ist - nicht jedoch an dessen Stationierung in Osteuropa.
Der Bush-Besuch befriedigte vor allem das Geltungsbedürfnis Moskaus. Die mangelnde Aufmerksamkeit der USA gegenüber dem einst gleichwertigen Supermachtrivalen ist ein Grund für die Unstimmigkeiten zwischen Washington und Moskau. Die Bush-Visite zollte Putin jedoch nochmals demonstrativ Respekt.
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