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Abschiebung eines psychisch KrankenKörper verfrachtbar, Psyche egal

Ein junger Rom soll zum zweiten Mal abgeschoben werden. Gegen seine erste Abschiebung hatte sein Vater im Jahr 2002 protestiert und sich in einem Rathaus verbrannt.

Umstrittene Abschiebung: Die Hamburger Ausländerbehörde hat wenig Verständnis für psychische Erkrankungen. Bild: ap

BERLIN taz | Zu Hause, sagt Miroslav Redzepovic, sei er hier. In Deutschland. Trotz allem. Die für ihn zuständige Ausländerbehörde Hamburg sieht das anders. Sie will den 24-jährigen Rom aus Deutschland entfernen. Trotz allem.

Er mag psychisch krank sein – sei aber „flugtauglich“. Er mag hier seine Kindheit verbracht haben – sei aber „nicht in Deutschland verwurzelt“. Das schrieb die Behörde Ende Februar an Redzepovic – und drohte mit der Abschiebung. „Das wäre für ihn die größte vorstellbare Katastrophe“, schreibt der Hamburger Psychiater Michael Brune, bei dem Redzepovic in Behandlung ist, in einer Stellungnahme.

Redzepovic ist Halbwaise. Sein Vater Milos hat sich 2002 verbrannt. Der damals 34-jährige übergoss sich aus Protest gegen die Abschiebung seiner Familie nach Serbien im Rathaus der niedersächsischen Stadt Syke mit Benzin und zündete sich an. Am 16. November 2002 starb er an seinen Verbrennungen.

1991 war die Familie nach Deutschland gekommen. In Jugoslawien stand der Kriegsausbruch bevor, Miroslav war damals drei Jahre alt. Doch der Asylantrag der Familie wurde abgelehnt. Elf Jahre lebten sie in Syke als Geduldete. Als sich um die Jahrtausendwende die Situation auf dem Balkan beruhigte, wuchs der Druck der Ausländerbehörde: Die Familie Redzepovic sollte freiwillig ausreisen – sonst drohe die Abschiebung.

Furcht vor Übergriffen und Leben im Elend

Für die Familie kam das nicht in Frage: Der Krieg in Jugoslawien mochte vorüber sein, doch der Hass auf die Roma war noch da. Die Eltern fürchteten Übergriffe und ein Leben im Elend. Die grausige Tat war die letzte Möglichkeit, die der Familienvater sah, um dieses Schicksal für seine Frau Ljalje und die fünf Kinder abzuwenden.

Das niedersächsische Innenministerium erweichte er nicht. 2004 schob es Ljalje und die Kinder nach Serbien ab. Die Mutter erkrankte dort an Krebs. Miroslaw sah in dem ihm fremden Land keine Zukunft für sich. Er sei mehrfach von der Polizei misshandelt worden, berichtet er, und auch sonst lief es nicht gut.

Im Oktober 2010 machte er sich erneut auf den Weg nach Deutschland. In Hamburg wohnte eine Tante, dort wollte auch er leben. Tatsächlich gelang ihm die Einreise. Doch ausgerechnet am achten Todestag seines Vaters griff die Polizei ihn auf und nahm ihn in Abschiebehaft. Ein neuer Asylantrag wurde sofort abgelehnt.

Am 2. Dezember 2010 wurde Redzepovic „noch atmend“ bei einer Zellenkontrolle aufgefunden, sagte damals ein Sprecher der Hamburger Justizbehörde. Er hatte versucht, sich mit Schnürsenkeln zu erhängen. Anfang 2011 wurde er aus der Psychiatrie entlassen, war wieder „geduldet“.

„Soziale und wirtschaftliche Integration“

Die Psychotherapie habe ihn stabilisiert, sagt der Arzt Brune. „Er braucht aber dringend psychotherapeutische Behandlung.“ Eine Amtsärztin entschied kürzlich, dass er „reisefähig“ sei – also einen Flug nach Belgrad überleben würde. Der Ausländerbehörde reicht das.

„Bei seiner Abschiebung war er 16 Jahre“ und habe deshalb die „entscheidenden Jahre seiner Entwicklung“ in Serbien verbracht, argumentiert sie. Eine „soziale und wirtschaftliche Integration“ habe deshalb „nicht in Deutschland stattgefunden, sondern eben in Serbien“, heißt es in dem Ablehnungsbescheid.

„Das entbehrt jeder Grundlage“, sagt Redzepovic’ Anwalt Enno Jäger. Er versucht, eine Abschiebung juristisch abzuwenden. „Aus humanitären Gründen“ müsse Redzepovic eine Aufenthaltserlaubnis bekommen.

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11 Kommentare

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  • MY
    mr. yon wuh

    kommt schon leute,es sind auch nur menschen die einen krieg erlebten,sahen wie kleine maedchen vor deinen augen vergewaltigt wurden,sahen wie granaten menschen in stuecke reisten,sahen wie sich menschen gegeseitig niedermetzelten,ich weiss wovon ich spreche,ich komme auch aus dem land serbien,u. ich glaube keiner von euch will sowas durch machen,er koennte ja normal arbeiten gehen wie jeder anderer von euch,dies wahre besser wie eine therapie in der man alles nochmal sagen muss,dass man eigentlich verdraengt hat.

  • R
    roiba

    Oh Leute!

    Hört ihr euch selbst zu? Mitleidslos und kaltherzig sind eure Kommentare... Wie wäre es mal mit Empathie und Verständnis? Ihr seid der Grund warum diese Welt rau und grausam ist.

     

    "Bleiberecht für Miroslav"

  • FE
    Frau Edith Müller

    Soll sein Psychologe ihn durchfüttern.

  • G
    Gabriele

    Selbstverbrennung scheint ein probates Mittel gegen Abschiebung zu werden, da ist immer der deutsche Staat oder die Polizei Schuld, egal wie es ausgeht, nicht wahr Ouri J.-Fans?

  • S
    suswe

    @anke

     

    Es ist schon noch ein Unterschied, ob man als Roma vom Balkan kommt, oder als Ostdeutsche wie du aus der DDR. Denn zweite wurde ja komplett angegliedert.

  • D
    deviant

    Herr Redzepovic, Sie müssen das verstehen - wer hierzulande findet, dass es "viel zu viele Ausländer in Deutschland" gibt, der geht zur Ausländerbehörde und schickt sie wieder dahin zurück, "wo sie herkommen".

    Asyl...wo kämen wir denn da hin? Da könnte ja jeder kommen!

     

    Die Zeiten in denen Deutsche auf der Flucht vor Mörderbanden Asyl im Ausland fanden, sind lange vorbei; das Asylrecht, dass diese uns aus eigener, grausiger Erfahrung ins Grundgesetz schrieben, geschliffen von den intellektuellen Erben dieser Mörderbanden, als die intellektlosen Erben dieser Mörderbanden die Refugien der Verfolgten verbrannten.

    ___

     

    Das ist die Crux mit der Demokratie: Wenn man den Leuten nur lang genug DSDS, Jauch und Tagesschau vorsetzt, die Kinder in Schulen versauern lässt, die mit "Bildung" so rein gar nichts zu tun haben, dann gibt es irgendwann Mehrheiten für jeden Dreck.

    Das Bild der "Tyrannei der Masse", das irgend so ein Politwirrkopf vor ein paar Tagen benutzte, drängt sich hier auf.

     

     

    Was macht man, wenn man sich verwählt hat?

    Ganz genau! Es wird Frühling, Zeit, dass die Alleen wieder blühen.

  • EI
    es ist zum k..zen

    danke für den bericht!

    wer sind diese menschen die solche gutachten schreiben? man sollte sie mal aus der anonymität holen. wenn wir in ein paar monaten lesen müssen, dass sich dieser junge mensch umgebracht hat, dann wünsche ich mir eine demo die zuerst dem verantwortlichen der ausländerbehörde einen hausbesuch abstattet und danach der ominösen amtsärtztin! vielleicht sollte man das prinzip des nazioutungs auch mal bei solchen menschenverachtenden schreibtischtäterInnen anwenden. dann weiß die nachbarschaft wenigstens das der liebe nachbar oder die liebe nachbarin menschen ohne mit der wimperzuzucken in den tod schickt.

    pfui

  • A
    anke

    Meine Güte! Da kann ich ja echt froh sein, dass für mich keine Ausländerbehörde zuständig ist! Ich habe schließlich sogar die ersten 24 Jahre meines Lebens in einem Land verbracht, das eher mit dem Serbien von heute vergleichbar ist als mit Deutschland anno 2012. Nicht auszudenken, was aus mir werden würde, dürften Menschen mein Da-Sein von einer "sozialen und wirtschaftlichen Integration" abhängig machen, die allein danach beurteilt wird, wo und wie ich mit 16 gelebt habe!

  • T
    Tino

    "Auf Macke machen" ist ja ein sehr beliebter Trick sich von Strafvollzug und Abschiebung zu befreien. Wenn die Behörden darauf eingehen/reinfallen, können sie die Asylgesetze gleich in die Tonne treten und alle nach Deutschland reinlassen.

    Man fragt sich machmal, wie bei diesem Artikel, wie dumm man sein muss, um noch auf solche uralten Tricks reinzufallen. Aber wie sagte schon Einstein, die menschliche Dummheit und das Weltall sind grenzenlos und nur bei zweiterem hat er noch Zweifel.

  • M
    Mika

    Komme selbst vom Balkan. Roma sind weder hier noch dort beliebt. Ich weiß auch warum. Konnte schon einige dieser Leute kennenlernen.

  • B
    bernd24

    Super Idee unserer Gutmenschen! H4, Arztrechnung, usw usw. Wozu? Ausschaffen und zwar ohne Verzögerung!