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Abschaffung der PraxisgebührMerkel will zehn Euro sparen

Sie ist so unbeliebt wie ein Zahnarztbesuch: die Praxisgebühr. Jetzt wollen die ersten Kassen diese abschaffen. Auch die Kanzlerin ist inzwischen dafür.

Bald ein Bild der Vergangenheit? – Die Stimmen für eine Abschaffung der Praxisgebühr mehren sich. Bild: dpa

BERLIN rtr | Bundeskanzlerin Angela Merkel ist von ihrem strikten Nein gegen eine Abschaffung der Praxisgebühr abgerückt. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Freitag in Berlin, die Kanzlerin denke intensiv über die Argumente nach, die für oder gegen die Gebühr vorgebracht würden.

„Die Bundeskanzlerin betrachtet das Gesamtbild, das sich jetzt im Gesundheitsfonds und auch bei den gesetzlichen Krankenkassen bietet.“ In den vergangenen Monaten hatte Merkel dagegen wiederholt erklären lassen, dass die Praxisgebühr aus ihrer Sicht nicht zur Disposition stehe.

Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass Krankenkassen und Gesundheitsfonds trotz steigender Arzneimittel- und Behandlungskosten in diesem Jahr ein Milliardenplus einfahren werden. Der Grund dafür ist vor allem die gute Arbeitsmarktlage.

Wirkung verfehlt

Erste Krankenkassen haben bereits angekündigt, wegen der guten Finanzlage ihren Mitgliedern die Praxisgebühr ab dem kommenden Jahr zu erstatten. Die Techniker Krankenkasse beschloss am Freitag, die Praxisgebühr im kommenden Jahr zu erstatten und einen Bonus auszuzahlen. Mit rund sechs Millionen Mitgliedern ist die TK die zweitgrößte gesetzliche Krankenkasse. Am Vortag hatte die KKH Allianz angekündigt, die Praxisgebühr ab 2013 zurückzuzahlen.

Für die Abschaffung der Gebühr macht sich unter anderem Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) stark. Sein Sprecher bekräftigte am Freitag, aus Sicht des Ministeriums bestehe kein Grund für die Beibehaltung der Praxisgebühr, die nachweislich ihre Wirkung verfehlt habe und „verkorkst“ sei.

Die Abgabe von zehn Euro wird seit 2004 beim ersten Arzt- und Zahnarztbesuch im Quartal sowie bei jedem Facharztbesuch ohne Überweisung fällig. Gesundheitsexperten quer durch die Parteien und Ärzteverbände lehnen sie ab.

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6 Kommentare

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  • E1
    Eva 1811

    Warum handelt man nicht einfach in Deutschland- wir sind so an unseren Bürokratismus gewohnt das es uns einfach schwer fällt mal was für uns die Menschen hier in Deutschland zu tun, jeder würde sich freuen wenn es einfach von der Bundesregierung samt ihren Ämtern, Aufsichtsgremien und Gerichten heisst - Praxisgebühr gestrichen! schlicht und einfach! und nicht jahrelanges Tauziehen und das könnten wir machen und jenes, warum einfach wenn es umständlich ist!

     

    Die Bundeskanzlerin ist inzwischen auch der Meinung weg damit - warum also diese Endlosdiskussion.

  • G
    GWalter

    Verwaltungsirrsinn – Neue Studie enthüllt:

    -

    Gesundheitsbürokratie frisst über 40 Milliarden jährlich

    -

    Doch diese Zahl stimmt hinten und vorne nicht, hat jetzt erstmals ein Team der weltweit renommierten Unternehmensberatung A.T. Kearney herausgefunden.

    -

    Es hat ganz genau hingesehen: Statt der schlanken offiziellen 5,4 Prozent Verwaltungskosten sind es in Wahrheit satte 15,4 Prozent – oder 27,5 Milliarden Euro.

    -

    Der Trick: Einen riesigen Bürokratiebatzen haben die Krankenkassen einfach ausgelagert und den Kliniken, Ärzten, Kassenärztlichen Vereinigungen, Apotheken oder Physiotherapeuten aufgedrückt.

    -

    DIE PRAXISGEBÜHR WAR UND IST ALSO EIN GANZ KLARER FLOPP !!

  • K
    kannes

    @XXX

    Sie haben völlig Recht.

    Die Steigerung der Ärzte-und Apothektergehälter

    sollte aber mit den Überschüssen der KVs nicht

    forciert, weil negative Gewöhnungseffekte

    auftreten und das Geld nicht sinnvoll investiert

    wird bzw. gebührend an die Mitarbeiter

    aufgeteilt wird, wenn hier nicht klare

    Vorschriften zum Anteil des Selbstbehalts

    und der Mitarbeiterlohnerhöhung der Einkommenssteigerungen getroffen werden.

    Die Überschüsse wären zum Aufstocken

    der KrankenpflegerInnen und deren Altersabsicherungen

    oder gebündelter langfristiger Investitionen

    notwendig.

    Selbst die als unrentabel gebranntmarkte

    Neutronenbestrahlungsanlage von SIEMENS

    zur Krebstherapie hätte erprobt werden können.

    Auf den unteren Rängen der Sanitäter, KrankenpflegerInnen und des OP-Personals

    herrschen notorische und hierarchisch überertriebene

    Gehaltsunterschiede.

    Das nicht ausgegebene Geld fehlt dem Katastrophenschutz, der Rentenvorsorge und

    den Kindern der MitarbeiterInnen im Gesundheits-und Pflegesektor,

    sowie einer lobbybefreiten Humanmedizinforschung.

    Die Medizinstudiumszulassungszahlen könnten ebenfalls moderat erhöht werden.

    Es ist sicherlich richtig, Menschen am Existenzminimum die Praxisgebühr zurückzuerstatten,

    aber ein Finanzpuffer für schlechte Zeiten

    und sinnvolle langfristige Investitionen

    und Konsumaktivierung des Binnenmarktes, schaden

    gewiß nicht. Geld gehört in den Kreislauf gespeist.

    Wenn die Sparquote zu hoch ist und die Verlustangst

    ansteigt, kommt es zu wirtschaftlich sich selbst

    bestätigenden Prophezeiungen.

    Medizinische Entwicklung in der Stagnation

    und prekäre Beschäftigungsverhältnisse

    im Gesundheitssektor sind viel gravierendere

    Gefahren.

  • I
    irgendwer

    *g*

    Mir ist grade aufgefallen dass ichn paar mal zu oft praxisgebühr gezahlt hab^^

     

    Weg damit!

  • WB
    Wolfgang Banse

    Wahlgeschenk der bundeskanzlerin

    Die umstrittene Praxisgebühr soll wiederabgeschafft werden.Hierfür tritt jetzt auch die zur Zeit amtierende Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel ein.Ein Vorwahlgeschenk an die Wähler um bei ihnen zu punkten.Menschen mit einem geringen Einkommen gingen seltener zum Arzt/Zahnarzt,auf Grund der vietelrjährlichen 10 Euro Praxisgebühren.

  • X
    XXX

    Traurig, dass relativ sinnvolle Maßnahmen eingestellt werden, aber andere vollkommen unsinnige Regelungen als heilige Kühe gelten (z.B. dass alle Beamten in die PKV getrieben werden, weil die GKV keine Teilversicherung machen darf, wie es von der Beihilfe her nötig wäre, oder dass die Patienten der gesetzlichen keine Rechnungen erhalten müssen, so dass die Ärzte nach Belieben abrechnen können).