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Abhörskandal in GroßbritannienPremier gibt Mediengeilheit zu

David Cameron gesteht Fehler beim Abhörskandal um "News of the World" ein und kündigt die Neuregulierung der Presselandschaft an. Sein Expressesprecher Andy Coulson wandert derweil in den Knast.

"Wir stecken alle mit drin - die Presse, die Politiker, die Chefs aller Parteien, ich selbst inbegriffen." Bild: dapd

LONDON afp/dpa/dapd | Der Abhörskandal um die Boulevardzeitung News of the World erschüttert die britische Politik und dürfte drastische Folgen für die Medienbranche des Königreichs haben. Der unter Druck stehende Premierminister David Cameron gestand am Freitag Fehler ein und kündigte einen grundlegenden Umbau der Presseaufsicht an. Sein ehemaliger Pressesprecher, Andy Coulson, wurde aufgrund seiner Verwicklung in die Affäre von der Polizei festgenommen.

Der Skandal drehe sich keinesfalls nur um eine einzige Zeitung und einen Journalisten, sondern auch um Polizei und Politik, betonte Premier Cameron bei der überraschend anberaumten Pressekonferenz in London. "Wir stecken alle mit drin - die Presse, die Politiker, die Chefs aller Parteien, ich selbst inbegriffen." Die Parteiführer seien so erpicht darauf gewesen, in der Gunst der Zeitungen zu stehen, dass sie wissentlich ignoriert hätten, wie bei einigen Blättern gearbeitet worden sei.

Cameron kündigte mehrere Untersuchungsausschüsse an. Möglichst bald werde er eine unabhängige Kommission einsetzen, die Vorschläge machen solle, wie die britische Presselandschaft in Zukunft reguliert werden könne. Das sei sehr schwierig, da die Pressefreiheit nicht eingeschränkt werden dürfe. "Freiheit der Presse heißt aber nicht, dass sie über dem Gesetz steht." Auch Vorwürfen, dass die Polizei Bestechungsgelder angenommen habe, werde auf den Grund gegangen.

Cameron: Einstellung Coulsons war Fehler

Cameron sagte, die Entscheidung, den früheren Chefredakteur der News of the World, Andy Coulson, zu seinem Kommunikationschef zu machen, sei ein Fehler gewesen. Er übernehme dafür die volle Verantwortung. Die Verpflichtung Coulsons im Mai 2010 hatte Cameron zuletzt unter Druck gebracht.

Cameron ging auf Distanz zum einflussreichen Medienkonzern News Corporation, dem das Boulevardblatt gehört. Die Praktiken der News of the World seien "extrem verachtenswert", die Politik habe sie "wissentlich ignoriert". Großbritannien sei durch die aktuellen Vorwürfe in einer "Zeit der Krise und der Sorge".

Cameron forderte das Medienimperium von Rupert Murdoch zu Konsequenzen auf. Wenn die Managerin der zuständigen Verlagstochter News International, Rebekah Brooks, ihm ihren Rücktritt angeboten hätte, würde er persönlich ihn annehmen, sagte Cameron. Brooks war zur Zeit, in der die Handys von mutmaßlich 4000 Menschen angezapft worden sein sollen, Chefin bei News of the World. Rupert Murdoch hatte zuletzt betont, an Brooks festzuhalten.

Coulson festgenommen

Ebenfalls am Freitag erfolgte laut britischer Polizei die Festnahme von Andy Coulson. Gegen ihn lägen Vorwürfe des Abhörens von Telefonen und der Bestechung von Polizeibeamten vor. Coulson war 2003 bis 2007 Chefredakteur des Boulevardblatts. Angesichts des öffentlichen Drucks durch die Ermittlungen über die Abhöraffäre trat er im Januar von seinem Amt als Camerons Kommunikationschef zurück.

Coulson hatte sich am Morgen für Befragungen in einer Polizeidienststelle eingefunden, berichtete die Times auf ihren Internetseiten. Die Times gehört ebenfalls zum Medienkonzern Murdochs. Ein Polizeisprecher wollte den Bericht auf Anfrage zunächst weder bestätigen noch dementieren; Mitteilungen würden nur bei einer Festnahme gemacht, ließ sie verlautbaren.

Zuvor hatte aber schon die Zeitung The Guardian vermeldet, Coulson solle am Freitag festgenommen werden. Er stehe im Verdacht, in seiner Zeit bei der News of the World davon gewusst zu haben, dass Journalisten und Privatdetektive im Auftrag des Blatts die Telefone von Prominenten anzapften.

Der 43-jährige Coulson sagte bisher, er habe weder von den angeblichen Abhörpraktiken noch von Bestechungsgeldern gewusst, die an die Polizei gezahlt worden sein sollen.

Opposition fordert Entschuldigung

Oppositionsführer Ed Miliband hatte Cameron aufgefordert, sich für seinen "erschreckenden Einschätzungsfehler" bei der Anstellung Coulsons zu entschuldigen. Cameron habe persönliche Beziehungen zu Schlüsselfiguren des Skandals, sagte der Chef der sozialdemokratischen Labour Partei. Er müsse nun Klarheit darüber schaffen, welche Diskussionen es zu dem Fall gegeben habe.

Der Abhörskandal bei News of the World beschäftigt die Briten seit Jahren, hatte sich in den vergangenen Tagen aber dramatisch zugespitzt. Journalisten der Zeitungen sollen nicht nur die Handys von Prominenten und Politikern angezapft haben, sondern auch von Terroropfern und Hinterbliebenen toter Soldaten. Im Fall eines entführten und später tot aufgefundenen Mädchens sollen sogar Nachrichten auf der Mailbox ihres Handys gelöscht worden sein, um Platz für neue zu machen. Die Eltern der 13-Jährigen hatten daraufhin gedacht, ihr Kind sei noch am Leben.

Am Donnerstagabend hatte James Murdoch, der Sohn von Rupert und Chef des Verlags News International, bekanntgegeben, die News of the World werde am kommenden Sonntag zum letzten Mal erscheinen. Er gestand schwere Fehler ein. Es wird erwartet, dass nun noch viele Details des Skandals and Licht kommen könnten.

Die News of the World gibt es seit 168 Jahren. Medienangaben zufolge ist sie mit rund 2,8 Millionen verkauften Exemplaren pro Woche das meistverkaufte Blatt Großbritanniens.

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1 Kommentar

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  • K
    Kristian

    Abwarten, Cameron hat schon mehrere Leute abserviert, die ihm reinreden wollten.

    Lord Ashcroft, der Cameron und den Tories viel viel Geld gespendet hatte und in der Partei für die Finanzen verantwortlich war, wurde kurz nach der Wahl durch einen Skandal blamiert: er hat zwar den Tories viele Millionen gespendet, zahlt aber nicht mal Steuern in Großbritannien. Der Lord war blamiert und ist seitdem nicht mehr für die Finanzen bei den Tories zuständig.

     

    Was Murdochs Imperium angeht: Murdoch möchte gerne den Fernsehsender BSkyB in Großbritannien kaufen - der Verkauft wird gerade geprüft. Ich weiß nicht, ob Cameron und die Tories Murdoch den Fernsehsender verkaufen wollen, wo doch Murdochs Mitarbeiter solche kriminellen Methoden anwenden...