Abgeordnetenhauswahl 2011: CDU fragt Wähler um Rat
Die Union will "Berlins 100 wichtigste Probleme" benennen. Auch Parteilose sollen mitbestimmen können, welche das sind.
"Andere reden über Bürgerbeteiligung, wir setzen sie um." Unter diesem Motto will die Berliner CDU ihr Programm für die Abgeordnetenhauswahl am 18. September aufstellen. Mehr als bisher bei Parteien üblich sollen die Wähler das Programm, das die 100 wichtigsten Probleme Berlins benennt, zumindest mitbestimmen können. Das soll vor allem über die Internetseite www.richtig-für-Berlin.de geschehen. Vier Wochen lang soll es auch Parteilosen möglich sein, Vorschläge zu machen, andere zu bewerten oder zu ergänzen. Was dabei herauskommt, ist allerding nicht bindend: "Am Ende des Tages sind wir eine Partei mit Beschlussgremien", sagte am Montag der stellvertretende CDU-Landeschef Thomas Heilmann.
Die Internetseite startet allerdings nicht leer, sondern setzt eine bislang parteiinterne Online-Debatte fort: 80 Beispiele hat die CDU-Programmkommssion bereits aufgeführt, laut Heilmann quasi zum Anfüttern der Debatte. Rund 200 Rückmeldungen soll es bislang gegeben haben. Die meistgenannten Themen war dabei Arbeitslosigkeit, fehlender politischer Rückenwind für die hiesige Wirtschaft, Verwahrlosung von Plätzen, Unterrichtsausfall, Kinderarmut und S-Bahn-Krise. "Wenn ein Problem auftaucht, das wir nicht auf der Rechnung haben, es ganz nach oben kommt, und es ist erkennbar nicht die Aktion einer Störgruppe, dann wird das unseren politischen Willen verändern", versprach Heilmann.
Heilmann ist der Macher hinter diesem neuen Ansatz der CDU. Vor zwei Jahren erst kam er, der frühere Berlin-Chef der führenden Werbeagentur Scholz & Friends, zur hiesigen CDU. Innerhalb der Union beriet er zuvor Kanzlerin Angela Merkel und weitere CDUler. Im Berliner Landesverband wurde er neben Landeschef Frank Henkel - im Februar zum Spitzenkandidaten gekürt - rasch der entscheidende Mann. Sm Sommer 2009 gründet sich unter seiner Leitung ein Lenkungsrat "Strategie Abgeordnetenhauswahl".
Für weniger Internet-Vertraute hat die CDU einen Anrufbeantworter geschaltet. Dort meldet sich unter 030/346499120 Henkels Stimme mit der Einladung, sich für eine Telefonkonferenz am 5. April anzumelden oder direkt eine Nachricht zu hinterlassen. Heilmann geht nicht davon aus, dass politisch anders orientierte Gruppe das Angebot erfolgreich aushebeln können. Forderungen, die CDU-Grundsätzen zuwider laufen, würden gestrichen, "wenn einer die Verstaatlichung aller Tagesszeitungen fordert, fällt das raus". Außerdem werde man "rechtsradikalen Schwachsinn rausholen". Wer seinen Vorschlag online sehen will, soll in jedem Fall gegenüber der CDU seinen Klarnamen nennen.
In Richtung des vor neun Tagen beim Grünen-Parteitag beschlossenen Wahlprogramms und möglichen Überschneidungen meinte Heilmann: "Wir wollten abschreiben, haben aber nichts gefunden." Henkel gab sich noch weniger angetan: Er habe in einer Zeitung gelesen, das Programm sei "so trist wie das Recycling-Papier, auf dem es gedruckt ist". Danach will er von einer vertieften Lektüre abgesehen haben.
Am 4. April will die CDU erste Ergebnisse der offenen Programmdiskussion vorstellen. Eine Woche später sollen Landesvorstand und Programmkommission den fertigen Entwurf beschließen. Dann folgt, was bei allen Parteien üblich: Gut drei Wochen Zeit für Änderungsanträge und schließlich eine Schlussabstimmung bei einem Parteitag am 6. und 7. Mai. In einem ähnlichen Doppelpack wie jüngst die Grünen will die CDU an diesem Wochenende auch ihren Landesvorstand neu wählen, allerdings anders als bei den Grünen ohne Wechsel an der Parteispitze.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut