Abgemeiert: CDU wählte Gewerkschafterin ab
„Nicht im Hauptstrom“
Silke Striezel, jugend- und sozialpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, ist seit 1987 Abgeordnete der Bremischen Bürgerschaft. Sie ist es die längste Zeit gewesen. Die 53jährige geschiedene Mutter zweier Kinder ist auf dem Parteitag der CDUam Wochenende auf einen nahezu aussichtslosen Platz 36 gewählt worden. Die Gewerkschafterin ist Mitglied der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) und gilt in Fachkreisen als engagierte und arbeitsame Politikerin.taz: Fühlen sie sich abgemeiert?Silke Striezel: Das kann man so sagen.
Als offizielle Begründung wird angegeben, dass sich auf dem Ortsteil-Ticket Schwachhausen eben zu viele drängeln. Ist das der wirkliche Grund?Nein, einerseits hatten wir in Schwachhausen schon immer viele Kandidatinnen und Kandidaten, andererseits war es für mich immer schwer, egal wo ich gewohnt und kandidiert habe. Als Gewerkschafterin, Betriebsrätin und Sozialpolitikerin bin ich mit meiner Biographie nicht im Hauptstrom der Christdemokraten. Ich gehöre nicht so richtig dazu.
Sie werden dennoch ihre Gründe haben, bei der CDU beheimatet zu sein. Müsste die Partei nicht froh sein, den sozialen Flügel mit Ihnen zu repräsentieren?Finde ich auch, und vor allem finde ich, dass ich meine Arbeit mehr als gut gemacht habe.Trotzdem hat man jetzt gesagt: Esist genug, andere junge Frauen sollen ran. Und es sind ja viele Frauen gewählt worden, das muss man sagen.
Was glauben Sie waren die empfindlichen Stellen, an denen Sie in Opposition zur eigenen Partei gegangen sind?Als ich Betriebsrätin im Einzelhandel war, habe ich zum Ladenschlussgesetz natürlich eine andere Positon gehabt als Hattig, der das ganz weghaben will. Ansonsten habe ich versucht, uns familienpolitisch der modernen Gesellschaft programmatisch anzupassen. Bundesweit habe ich mich – mit anderen natürlich – gut geschlagen. Das begrüßen eben nicht alle.
Es gibt also ein Bremer Pendant zur Bundesdebatte um die „Gesellschaftsfähigkeit“ alleinerziehender Frauen? Nun, meine Kinder sind Gottseidank groß. Aber ich hab mich eben immer ein Stück unabhängig verhalten. Solche Frauen sind nicht nur in der Politik nicht besonders beliebt.
Rangiert das Soziale damit insgesamt auf einem aussichtslosen Platz?Man darf sich selbst nicht überhöhen. Jede Lücke wird wieder gefüllt. Aber ich hätte gerne die nächsten Jahre noch gemacht. Ich hätte die Kindergartenreform gerne begleitet, eine andere Finanzierung mit der Kita-Card auf den Weg gebracht und der Erziehungs- und Bildungsgutschein, der jetzt in die Deputation geht, ist auch meine Idee.
Bleiben Sie der CDU treu?Meine Hauptheimat war immer die CDA, weil sie zwischen CDU und Gewerkschaften steht und dort werde ich auch weiter mitarbeiten.
Fragen: hey
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