piwik no script img

Abenteuer Gründerpersönlichkeit

■ Ratgeber aus der BRD über „Frauen, die Firmen gründen“, brachte Tazlohn–Autorin Maria Neef–Uthoff ins Schwärmen

Mein Gott, wenn ich mir das vorstelle! In der Bundesrepublik wird jedes dritte Unternehmen von einer Frau gegründet. Die meisten davon sind Dienstleistungsunternehmen. Ich hätte gerne ein feines Restaurant auf dem Lande. Einen ganzen Abend habe ich davon geträumt. Dabei las ich das Buch von Dorothea Assig „Mut gehört dazu“, Informationen für Frauen, die beruflich selbständig werden wollen. Was ist eine Gründerpersönlichkeit, werde ich gefragt. Bin ich eine, bin ich keine? Aber da steht es: eine Persönlichkeit, die das Ziel, den Willen und die Lust hat, etwas zu schaffen und eine Idee zu verwirklichen. Um genau herauszu finden, ob ich nun Unternehmerin sein will oder nicht, mache ich einen Test. Da werde ich ausgefragt, ob ich schon mal in einem kleinen Betrieb gearbeitet habe, ob mir schon mal gekündigt wurde, ob ich es liebe, die Dinge gleich anzupacken und ob ich mich in heiklen Situationen lieber auf meine eigene Entschlußkraft verlasse statt auf Zufälle, Glück oder die gute Fee. Nein, ich habe weniger als fünf Ja– Antworten, leider bin ich ganz und gar keine Gründerpersönlichkeit. Und das kleine Restaurant im Moor? Muß ich es jetzt vergessen? Wo ich in Gedanken schon ein Schwein angeschafft hatte für all die Abfälle. Wo ich die Öffnungszeiten schon an die Tür geschrieben hatte - erst abends wird geöffnet, weil ich nicht gerne die ganze Zeit arbeite. Wo ich mir vorgestellt habe, daß ich damit endlich reich werden kann. Der Sinn dieses Buches ist kein Traum. Es geht um das handfeste Kalkül: Was wollen Sie in den nächsten zehn Jahren für sich erreichen? Ganz selbstverständlich soll Frau sich den Platz in der Geschäftswelt erobern. Aufgebaut wie die amerikanischen Erfolgsbücher, haben wir es hier mit einer Variante für die Weiblichkeit zu tun. Im Grunde ist alles ganz einfach, man muß es nur wollen, und um es zu wollen, muß man sich von liebgewonnenen Gründerpersönlichkeitsblockierungen befreien. Ehrgeizig muß man werden, konkurrenzfähig, initiativ, grad so, wie im Vorwort von Cynthia Heimen beschrieben: „Dinge, die wir tun müssen: das Abenteuer suchen, mit der Angst kurzen Prozeß machen, Langeweile abschaffen, nonkonformistisches Verhalten entwickeln.“ So unkritisch das Buch auch ist, so sehr es sich anlehnt an die gegenwärtige Wirtschaft und den Erfolg darin, ich kann mir trotzdem gut vorstellen, daß es eine Anregung sein kann für Frauen, die sich selbständig machen wollen. Planung ist das oberste Gebot und das Allerwichtigste. Dazu wird eine Menge gesagt. Und es gibt Information über die Formalitäten. Zu jeder Unternehmensgründung gehört die entsprechende Beratung und Unterstützung durch sogenannte Fachkräfte (Rechtsanwälte, Steuerberater und Unternehmensberater werden so auch zu ihrem Brot kommen). Es kommen erfolgreiche Frauen zu Wort, die es geschafft haben, sei es ein Fitnesscenter oder eine Frauenberaterin der Stadtsparkasse Düsseldorf. Und was unterscheidet die erfolgreiche Unternehmerin von einer erfolglosen? Die erfolgreiche Unternehmerin muß die Fähigkeit besitzen, laufend Informationen aufzunehmen und veränderte Marktsituationen zu erfassen. Übrigens: Mein kleines Restaurant im Moor hat überhaupt keine Chance, wenn ich davon ausgehen muß, daß mein Unternehmen, mein Produkt unbedingt gebraucht wird. Nur so kann ich Werbung machen, nur so habe ich die Möglichkeit, die Banken für mich zu interessieren. Ich muß davon überzeugt sein, darf keinen Zweifel haben, daß mein Projekt wichtig ist. Aber diese Gegend ist für mein Vorhaben völlig ungeeignet. Erstens sind die Leute alle ziemlich arm. Es ist keine große Stadt in unmittelbarer Nähe. Es gibt nur Bauern, die kein Interesse an französischer Küche und französischen Manieren haben. Alternative sind zwar welche da, die haben aber zu wenig Geld. Ich säße da, mit meinem schönen Essen und den weißen Servietten, und würde mir damit die Tränen trocknen. Dorothea Assig. „Mut gehört dazu“. rororo Sachbuch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen