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Archiv-Artikel

AUSGETRUNKEN?

Wein und Frauen

Von JUL

Zwei Themen, die alleine schon ziemlich spannend sind: Wein und Frauen. Was wird man da erst aus einer Kombination alles machen können, dachte sich die taz.mag-Redaktion. Immerhin gibt es seit gut zwanzig Jahren in Deutschland immer mehr Weine, die von Frauen verantwortet werden. Höchste Zeit also, einmal mit dem Vorurteil aufzuräumen, Frauen verstünden nichts von Wein. Nichts von seiner Herstellung und nichts von seiner Qualität. Dabei trinken Frauen meist lieber Wein als Bier und den feineren Geschmackssinn haben sie sowieso. Frauen und Wein, dachten wir, das interessiert bestimmt die Leserschaft – und die Kollegen.

Ob wir uns verschätzt haben? Auf der Redaktionsversammlung jedenfalls sorgte die Ankündigung des diesjährigen wein.mags für viel Gekicher zwischen peinlich berührt und ernsthaft belustigt. Ist das Thema in Zeiten, da Gender Mainstreaming zum Schulungsalltag von Provinzpolitikern wird, tatsächlich so obsolet, dass es Gelächter provoziert? Wein und Frauen? Ist das Thema ausgetrunken, abgefrühstückt, überhaupt total von gestern?

Bei näherer Recherche und beim Redigieren stellte sich heraus, dass es tatsächlich einiges zum Kichern gibt. Teilweise zumindest. Denn das Thema Wein und Frauen ist immer noch gut für eine ganze Menge Klischees und Vorurteile. Fast alle der Interviewten bestätigten uns, dass es immer noch viele Männer im Weingeschäft gibt, die die weibliche Konkurrenz doch lieber auf den Werbeplakaten (Wein + Frau = Weinkönigin) als an den Fässern sähen. Marketing und Büro, das läge Frauen doch mehr als Weinberg und Ausschank. Doch damit nicht genug der Überraschungen: Verblüffend lang hielten sich auch unsere Autoren (männliche wie weibliche) bei einer genauen Beschreibung von Kleidung und Figur der Winzerinnen und Sommelièren auf (auch wenn silberne Hosenknöpfe selten eine große Aussagekraft haben) oder tappten in die klassischste alle Genderfallen, indem sie ihre Protagonistinnen nach wenigen Sätzen nur noch beim Vornamen nannten.

All das hat uns dann wieder in unserem Vorhaben bestätigt. Das Thema Wein und Frauen ist noch lange nicht erschöpft. Wer da alles ins Fass, in den Berg oder in den Keller steigt, ist wert, ein ganzes Magazin gewidmet zu bekommen. Hier ist es. JUL