AUF DER PARKBANK : Scheißsex
Es ist eine tropische Sommernacht. Ich sitze auf einer Parkbank in der Kastanienallee. Ein Mann, Mitte 40, Dreitagebart, fragt mich, ob er sich dazusetzen darf. Ich habe nichts dagegen. Er beginnt zu reden: „Das Leben kann eine ganz schöne Zumutung sein. Ich wohne gleich da oben im zweiten Stock, und meine Freundin hat mir gerade klar gemacht, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben möchte.“
„Das tut mir leid“, sage ich.
„Braucht dir nicht leidzutun. Drei Jahre sind wir jetzt zusammen. Maria heißt sie, kommt aus Polen. Sie hat mir immer vorgeworfen, dass ich zu viel denke und zu wenig lebe. Scheiße. Jetzt findet sie mich nicht mehr attraktiv, fühlt nichts mehr beim Sex. Immer wieder dieser Scheißsex. Der Sex ruiniert irgendwann jede Beziehung – man verliert ganz einfach die Lust am immer gleichen Körper. Darf ich dich auf ein Bier einladen?“
Er holt zwei Bier vom Kiosk, setzt sich wieder neben mich, redet: „Bei mir sind es immer drei Jahre. Von einer Beziehung zur nächsten. Serieller Beziehungskiller nennt man das wohl. Aber hey, Mann, ich werde doch nicht jünger. Das muss doch auch einmal anders gehen. Es ist dieser Scheißsex, dieser Scheißsex ist an allem schuld. Glaubst du an die große Liebe?“
Bevor ich antworten kann, sagt er: „Mensch, tut mir leid, dass ich dich mit meiner Beziehungsscheiße vollquatsche.“ „Nein, ist schon in Ordnung“, erwidere ich.
„Weißt du, ich liebe sie immer noch. Sie wartet jetzt da oben. Wir wohnen zusammen. Es tut weh. Ich würde gerne um sie kämpfen. Aber sie sagt, dass es zu spät dafür sei. Aus. Vorbei. Seit vier Stunden diskutieren wir, machen uns Vorwürfe. Ich will nicht mehr nach oben gehen.“
Wir rauchen, trinken das Bier, schweigen. Sein Handy klingelt: Maria fragt, wo er bleibt. „Ich muss los“, sagt er. „Danke fürs Zuhören.“ Er geht, in den Augen ein paar Tränen. ALEM GRABOVAC