AUCH EIN MINDESTRENTENNIVEAU BIETET KEINE SICHERHEIT IM ALTER : Die Glaskugelpolitik
Schon irre, wie hierzulande Rentenpolitik gemacht wird. Man fühlt sich wie zu Besuch bei einer Wahrsagerin auf der Kirmes, die in eine Glaskugel schaut, um die Zukunft vorherzusagen. Das Neueste aus der Rentenzauberküche: Bis zum Jahr 2030 soll das so genannte Mindestrentenniveau bei 43 Prozent liegen und nicht weiter absinken. Die Grünen haben es versprochen, damit das „Vertrauen der Menschen“ in die gesetzliche Rente „gestärkt“ werde. Mindestrentenniveau! Das hört sich fast so an wie Mindestsicherung, Mindestlohn, irgendwie nach einer Sicherheit, die uns niemand mehr wegnehmen kann. Doch genau das ist es nicht, das Festzurren eines „Mindestrentenniveaus“ ist reine Psychologie.
Durch das Festlegen des Mindestniveaus soll den Beitragszahlern die Furcht genommen werden, in ein Rentensystem einzuzahlen, von dem sie am Ende sowieso nur noch ein Ruhestandsgeld in Höhe der Sozialhilfe herauskriegen. Ein so genanntes Mindestrentenniveau von 43 Prozent des Durchschnittseinkommens bedeutete zwar im Vergleich zu heute eine Kürzung der Renten um etwa ein Fünftel. Doch diese Mindestrente läge immer noch über dem Niveau der Sozialhilfe, der Grundsicherung im Alter, deren Niveau etwa 31 Prozent vom Durchschnittseinkommen beträgt. Wer Rente einzahlt, wird also nicht auf Sozialhilfe landen, so lautet die Botschaft. Doch sie ist falsch.
Wer nicht lange genug einzahlt, wer Phasen der Arbeitslosigkeit hat, wer mit 58 seinen Job verliert, aber erst mit 65 oder gar 67 Jahren in Rente gehen kann und die Zeit so lange mit Arbeitslosengeld überbrücken muss – der kann später bei der Sozialhilfe beziehungsweise der Grundsicherung im Alter enden. Diese Grundsicherung kriegt man übrigens erst, wenn man privat Angespartes, also auch die Riester-Rente, verbraucht hat.
Aber wie ist das noch mal mit Wahrsagerinnen? Sie verbreiten Hoffnung und vermeiden allzu düstere Prognosen. Das Versprechen eines Mindestrentenniveaus soll die Beitragszahler bei der Stange halten. Und das ist auch bitter nötig.
BARBARA DRIBBUSCH