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ARD-TagesthemenDie Pfleger des Rauchtums

Die "Tagesthemen" senden Meinungen zum Nichtraucher-Schutzgesetz - und befragen nur Raucher und Wirte.

A(rme) R(aucher) D(eutschlands)? Nikotinkonsum in Kneipe Bild: dpa

Der Bundesrat hat am Freitag dem Nichtraucherschutzgesetz zugestimmt. Auf Länderebene gibt es bereits ein erstes Rauchverbots-Gesetz und zahlreiche Entwürfe, die auch für Gaststätten gelten. "A(rme) R(aucher) D(eutschlands)", dachte sich da wohl die "Tagesthemen"-Redaktion. Und schickte WDR-Reporter Norbert Hahn in eine Eckkneipe, um in Köln-Nippes die fatalen Folgen des geplanten NRW-Landesgesetzes zum Schutz gegen Passivrauchen zu beleuchten.

Das geplante Gesetz sei "ne Scheiß-Aktion", sagt ein Raucher. "Vor der Tür stehen ist auch wohl ein bisschen blöd, dann werden wir mehr zu Hause bleiben müssen", ergänzt ein anderer. "80 Prozent meiner Gäste sind Raucher", sekundiert die Wirtin.

"Die Wirtin sieht sich enteignet von der Gesundheitslobby", kommentiert Hahn. Der WDR-Mann zeigt in dem Beitrag eine Vorliebe für suggestive Klassenkampf-Töne: "Gäste und Wirte solidarisch - die Lunte brennt", wird der folgende Beitragshöhepunkt eingeleitet. "Die Gaststättengewerkschaft DeHoGa will mit einer Unterschriftenliste für dicke Luft in der Eckkneipe streiten", fabuliert Hahn forsch.

Spätestens jetzt reiben sich zumindest die rund 70.000 in der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) organisierten Gastronomiemitarbeiter verwundert ihre vor Tabakrauch tränenden Augen. Denn im De(utschen) Ho(tel- und) Ga(ststättenverband) sind die Unternehmer organisiert.

In punkto Kneipen müsse "Gesundheitsschutz absoluten Vorrang" haben, postuliert NGG-Vorsitzender Franz-Josef Möllenberg im Namen der betroffenen Gaststätten-Gewerkschafter. Doch davon erfährt das "Tagesthemen"-Publikum nichts.

Sechs Personen mit Pro-Qualm-Positionen präsentiert Hahn insgesamt, reiht sich selbst als Siebter mit Vox-Populi-Vokabular ein. Eine Gegenmeinung kommt in seinem Betroffenheitsjournalismus der besonderen Art nicht vor. Es mag sein, dass der Autor angesichts der vielen Rauchschwaden sein journalistisches Handwerkszeug aus den Augen verloren hat. Sonderbar allerdings, dass die reflexionsfreie Rauchtumspflege gleich zwei Redaktionskontrolleuren den kritischen Blick vernebelt hat. Es gibt stets eine doppelte "ARD-aktuell"-Abnahme, die erste beim jeweiligen Heimatsender und eine zweite beim Chef vom Dienst in der Hamburger Zentrale, versichert NDR-Sprecher Ralph Coleman.

Planungschef Christian Zimmermann erklärte der taz, es habe sich um eine gelungene Reportage mit Kölner Lokalkolorit gehandelt. Alle Gesprächspartner seien dem Genre entsprechend "zufällig angetroffen und ohne Ziel ausgewählt" worden.

Die "Tagesthemen"-Redaktion erscheint beim Thema ohnehin benebelt. Bereits zwei Tage vor dem Bundesrat beschloss die Hamburger Bürgerschaft einstimmig per Gesetz den Nichtraucherschutz im Stadtstaat, als erstes Bundesland. "Die Hamburger Lösung ist beispielhaft für die Länder", erklärt Gewerkschafter Möllenberg.

"Unser innovatives Gesetz hat nach unserer Medienbeobachtung in überregionalen Fernsehsendungen nirgends zu Beiträgen geführt, auch nicht bei der ARD", bedauert Bürgerschafts-Pressesprecher Ulfert Kaphengst.

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1 Kommentar

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  • JW
    Jürgen Wolfgang Mäuer

    Raucherschutzgesetz verstößt für Altenheimbewohner gegen das Grundgesetz

     

    Alle Bundesländer erarbeiten derzeit eigene Nichtraucherschutzgesetze. Dabei ist einheitlicher Tenor, ein Rauchverbot gilt in allen öffentlichen Gebäuden, in den Behörden, in Krankenhäusern und in Alten- oder Pflegeheimen

     

    Das hört sich gut an, hat nur einen entscheidenden Denkfehler. Entgegen aller anderen Einrichtungen ist der Aufenthalt in einem Alten- und Pflegeheim nicht für Minuten, wie in einer Behörde, bis hin zu einigen Tagen, wie in einem Krankenhaus, sondern für den Rest des Lebens konzipiert. Alten- und Pflegeheimen dienen dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen, die aufgrund Alter und körperlicher Beeinträchtigung ein Leben in der eigenen Wohnung nicht mehr meistern können. Der Aufenthalt in einem Alten- und Pflegeheim ist somit Ersatz für die eigene Wohnung.

     

    In einigen Bundesländern gilt das Rauchverbot nicht für die privaten Wohnräume der Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Aber auch dies ist ein weiterer Denkfehler. Mehr als 2/3 der Bewohner verfügt über keinen privaten Raum, sondern ausschließlich über einen Pflegeplatz, sprich ein eigenes Bett. Nicht nur, dass es einem Nichtraucher als Bettnachbar unzumutbar ist, die große Mehrzahl der Raucher raucht grundsätzlich nicht in Schlafräumen. Teilweise wird bereits heute das Rauchen in den Zimmern aufgrund Brandschutzbestimmungen untersagt. Die Wohnräume in Alten- und Pflegeheimen sind allerdings Gemeinschaftsräume. In einigen Bundesländern soll es den Heimbetreibern freigestellt werden, Raucherräume zu schaffen. In anderen nicht. Eine Pflicht zur Schaffung geeigneter Räume (keine Raucherklos) mit ausreichender Größe und Belüftung ist nirgends vorgesehen.

     

    Mit welchem Recht werden alte Menschen diskriminiert, nur weil sie Ihr Leben nicht mehr selbst bestimmt in eigenen Wohnungen verbringen können? Ist diese eine bewusste Diskriminierung, oder nur Gedankenlosigkeit? Einem Menschen, der vielleicht seit 50 Jahren raucht, dies per Gesetz zu verwehren, nur weil er alt ist, ist ein eindeutiger Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz.

     

    Bleibt den Alten nur, stur weiter zu rauchen und das Gesetz zu ignorieren. Bei zwangsweiser Unterbringung in Haftanstalten oder Einrichtungen der Psychiatrie muss den Betroffenen eine Rauchmöglichkeit per Gesetz eingeräumt werden.