ANDREAS SPEIT ÜBER DEN KOMMENDEN PARTEITAG DER NPD : Falsche Töne
Es wird mal wieder angestimmt: das Lied von Ende der NPD. In Politik und Medien ist schon wegen anhaltender Richtungsstreitigkeiten, schwieriger Finanzsituation und ausbleibender Erfolge im Westen mit dem Abgesang begonnen worden. Der vorgezogene Parteitag lieferte auch noch ein wenig Text dazu. Aber auch schon nach der Wahl in Niedersachsen, bei der die NPD von 1,5 auf 0,8 Prozent fiel, klang der Sound durch. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wusste zu erklären: „Die NPD ist eine sterbende Partei“.
Das niedrige Wahlergebnis schien ihm mit seinem weitgehend ausbleibenden Engagement für ein Verbotsverfahren ja auch Recht zu geben: Stirbt eh, die Partei! Aber hier irrt der Innenminister. Seine Analyse beruht auf Einzelmomenten; die Medien sollten gerade angesichts der massiven Fehleinschätzungen der Behörden in Sachen NSU vorsichtig und hellhörig bleiben. Denn wie kann von einem „natürlichen“ Parteitod ausgegangen werden, wenn diese Partei recht lebendig in zwei Landtagen als Fraktion mit Stammwählern sitzt, über 340 kommunale Mandatsträger hat und vor Ort in Vereine, Sportclubs, Umwelt- und Elterninitiativen drängt?
Friedrichs Analyse verzerrt nicht nur die Gegenwart, sie blendet auch die Geschichte der ältesten rechtsextremen Partei aus. Seit den Landtagseinzügen steht die Partei wesentlich besser als früher da. Sie erhält mehr staatliche Förderung als je zuvor. In Ost und West ist sie äußerst unterschiedlich aufgestellt. Eine differenzierte Darstellung ist geboten, um genaue Gegenwehr zu ermöglichen, und unnötigen Alarmismus zu vermeiden. Die Unterschiede zwischen Ost und West werden, was die NPD betrifft, auch nach deren Parteitag bestehen. Wer jetzt das Ende der Partei besingt, schwächt auch jene Initiativen, die sich gegen die NPD engagieren.
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