piwik no script img

Archiv-Artikel

ANDREAS BERGMANN, EX-TRAINER Der Authentische

Andreas Bergmann, 50

■ war von März 2004 bis Ende 2006 Trainer des 1. FC St. Pauli, dann wechselte er zu Hannover 96 Foto: dpa

Zwei Tage lang haben sie ihn an der Nase herumgeführt. Auch die Mannschaft dachte, dass Andreas Bergmann noch eine Weile ihr Trainer bleiben darf. Aber die Entscheider von Hannover 96 haben so große Angst vor einem Abstieg aus der Bundesliga, dass sie Bergmann am Dienstag Morgen beurlaubt haben. Bereits am Dienstag Abend präsentierte der Club Bergmanns Nachfolger. Neuer Cheftrainer wird der 42-Jährige gebürtige Hildesheimer Mirko Slomka, der zuletzt Schalke 04 trainierte.

Mit der Beurlaubung von Bergmann ist die Frage verbunden, ob er zu weich und zu nett für das harte Geschäft Profifußball ist. Die Antwort muss lauten: ja. Und das spricht nur für ihn.

Ein Rücktritt, hatte Bergmann am Samstag nach der 0 : 3-Heimpleite gegen Hertha BSC Berlin noch gesagt, wäre ihm zu einfach. Dass man in der Bundesliga nicht bezahlt wird, um einfühlsam und rücksichtsvoll zu sein, war ihm bewusst. Trotzdem hat er Fingerspitzengefühl bewiesen. Der Selbstmord von 96-Torhüter Robert Enke hatte Mitte November alles durcheinander gewirbelt. Trotz seiner Erfahrung, die Bergmann beim FC St. Pauli gesammelt hat, war die Arbeit als Trainer, Medienmensch und Seelsorger für ihn nicht zu stemmen.

Die Spieler waren am Dienstag betroffen, weil sie mit ihren zuletzt dürftigen Leistungen nach eigenen Aussagen eine Mitschuld an Bergmanns Scheitern tragen. Aber was die Spieler zu sagen hatten, sprach durchweg für den Trainer. Sie wollten es weiter mit ihm versuchen, obwohl unter seiner Regie nur vier Siege in 16 Pflichtspielen zustande gekommen waren. Aber es war am Ende die Vereinsführung mit Präsident Martin Kind, die diesen herrlich authentisch auftretenden Trainer geopfert hat.

Der Klubchef wollte, dass Bergmann härter mit den Spielern ins Gericht geht. Aber Bergmann, der sich gerne in seine Eigentumswohnung im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel zurückgezogen hat, konnte nicht härter. Er ist ein bemerkenswert normal gebliebener Fußballtrainer. Der Mann hat in Hannover an der Seite trauernder Spieler Siege errungen, die in keiner Tabelle der Welt sichtbar werden.CHRISTIAN OTTO