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AKW GrafenrheinfeldRisiken verschleiert

Ein möglicher Riss in der Nähe des Reaktorkerns wurde monatelang nicht gemeldet. Aus politischem Kalkül, vermuten die Grünen. Der Meiler bleibt trotzdem am Netz.

"Atomkraft schadet Deutschland": Projektion von Greenpeace am Akw Grafenrheinfeld. Bild: dapd

MÜNCHEN taz | Der Schweinfurter Bürgermeister ließ in dieser Woche extra die Stadthalle anmieten, mit 580 Plätzen. Die Bürger der Stadt sind verunsichert und wollten sich über "die Berichte und Reaktionen zum aktuellen Befund am Primärkühlkreislaufsystem" im Atomkraftwerk Grafenrheinfeld informieren. Auf der Bühne saßen Vertreter von Eon und dem Landesumweltministerium. Sie sollten über einen möglichen Riss an einem Thermoschutzrohr in der Atomanlage aufklären.

Es geht um kein unbedeutendes Bauteil. Das Rohr verbindet im nuklearen Innenbereich der Anlage den Hauptkühlkreislauf mit dem Druckbehälter des Atomreaktors. Würde das Rohr reißen und Kühlflüssigkeit austreten, wäre das ein "ernster Störfall" der Stufe 3. In der Bundesrepublik hat es das bisher noch nicht gegeben. Bei einer Untersuchung im Rahmen der Revision der Anlage zwischen März und Juni 2010 gab es ein auffälliges Messergebnis an dem Rohr. Bis das dem Bundesamt für Strahlenschutz gemeldet wurde, dauerte es fast ein halbes Jahr. Am 16. 12. 2010 verschickten die Kraftwerksbetreiber die Mitteilung über ein meldepflichtiges Ereignis. Es gebe eine "nicht auszuschließende thermische Ermüdung". Die ganze Zeit über blieb Grafenrheinfeld am Netz. Das Rohr wurde nicht ausgetauscht.

Für die Opposition ein "Tabubruch". Die Grünen werfen dem bayerischen Umweltministerium vor, den möglichen Riss aus politischem Kalkül verschwiegen zu haben. Im Herbst entschied der Bundestag über die Laufzeitverlängerung der deutschen Atommeiler. Die bayerische Regierung machte sich für eine Verlängerung stark. "Man wollte zu dem Zeitpunkt keine Debatte über Risse in Atomkraftwerken", meint der energiepolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Ludwig Hartmann. Er hat diese Woche acht Anfragen an die Regierung gestellt, zur verspäteten Meldung, zum nicht erfolgten Tausch des Rohres, zur Rolle des bayerischen Umweltministeriums.

Die Opposition findet noch vieles rund um den Vorfall rätselhaft. Etwa, dass die bayerische Atomaufsicht die auffällige Rohrleitung als nicht meldepflichtig einstufte, sie aber dennoch im September bei einer Ausschusssitzung der Reaktorsicherheitskommission des Bundes thematisiert wurde. Laut Frankfurter Rundschau wies die Kommission das Umweltministerium in einem vertraulichen Protokoll auf einen vergleichbaren Fall in der Schweiz hin. Im AKW Gösgen sei 2005 nach einer vergleichbaren Ultraschalldiagnose tatsächlich ein Riss festgestellt worden, der "betrieblich entstanden und gewachsen" sei. Die Kommission empfahl, auch andere deutsche Kraftwerke auf ähnliche Befunde zu prüfen. Für den Betreiber Eon Kernkraft ist das auffällige Messergebnis "sicherheitstechnisch völlig unbedenklich". Man plane, das betroffene Rohr erneut zu untersuchen - bei der nächsten Revision im März.

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3 Kommentare

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  • R
    rubus

    Das ist schon keine Ironie mehr. Das ist der blanke Zynismus!

    Wenn ich daran denke, daß ich genau an demselben Tag mit vielen anderen Mitstreitern an und auf den Schienen war, um den Atommülltransport nach Lubmin und im letzten Jahr zu behindern, und gegen Atomkraft im Allgemeinen zu protestieren...wie wir uns Polizeigewalt und z.T. Willkür ausgesetzt gesehen haben...wie wir vorher und nachher immer wieder angefeindet und genötigt wurden, uns zu rechtfertigen.

    ...wie unsre Argumente mit einem Handstreich abgwehrt wurden, Atomkraftnutzung sei eine sichere Technologie und man solle auf das KnoffHoff deutscher Ingenieure und Aufsichtsbehörden vertrauen!...dann wird mir ganz übel!!!

    Währenddessen haben die feinen Herren aus niedersten machtpolitischen Beweggründen mal eben einen potentiellen SuperGAU unter den Tisch gekehrt, als handele es sich um einen Joghurt dessen MHD abgelaufen ist! Ich wette, die kriegen nicht mal ein Gerichtsverfahren dran!

    Wenn ich wüßte, daß es was bringt, würde ich gern weinen!

  • WW
    willem wittstamm

    Atomkraft schafft Arbeit!

    gez.: Ihr Schutzengel

  • T
    tystie

    Jeder, der behauptet, dass staatliche Strahlenschutzämter der Atomindustrie irgendwie hinderlich sein könnten, ist dafür beweispflichtig!

     

    Jeder deutsche Beamte, der nicht völlig kaltschnäuzig 'die da unten' der herrschaftlichen Kontrolle unterwirft, welche über die Bevölkerung befindet wie über Leibeigene, wird, wenn die politischen Bedingungen nicht vorübergehend optimal sind, sofort gefeuert.

     

    Merke: Seit der ersten Stunde der Atomindustrie in Dland wurde und wird diese lückenlos durch Behörden gehätschelt, gefördert und gedeckt.