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80 Millarden für bedrohte Arten nötigArtenschutz statt Softdrinks

80 Milliarden Dollar sind laut Forschern nötig, um Tiere und Pflanzen vor dem Aussterben zu schützen. Doch die Staaten verhaken sich in alten Streitpunkten.

Zagros-Molch oder Cola? – Unsere Entscheidung. Bild: dpa/dapd

BERLIN taz | Der Preis für die Rettung aller Tier- und Pflanzenarten weltweit lässt sich in Softdrinks ausdrücken: Weniger als ein Fünftel des Geldes, das die Menschen jährlich für die klebrig-süßen Getränke ausgeben, müsse man investieren, um alle Arten zu retten, sagt Donal McCarthy, Leiter einer Studie unter Federführung der Tierschutzorganisation BirdLife International, der BBC. In Zahlen: 80 Milliarden Dollar. Pro Jahr.

Grundlage der Berechnungen sind die weltweiten Vogelbestände, die am besten erforschte Klasse aller Organismen. Daraus haben Wissenschaftler die Kosten für die gesamte Tier- und Pflanzenvielfalt auf dem Land und in den binnenländischen Wasservorkommen abgeschätzt. Über zweihundertfünfzig Wissenschaftler haben die Informationen und Berechnungen zusammengetragen.

Die britische Studie besagt nun: Das Schützen sämtlicher gefährdeter Tier- und Pflanzenarten würde 3,4 bis 4,7 Milliarden Dollar jährlich benötigen. Weitere 76 Milliarden brauche es, um ein flächendeckendes Netzwerk von Schutzgebieten zu errichten und den Erhalt damit dauerhaft zu sichern.

Flächendeckend heißt: 17 Prozent der weltweiten Landesfläche sollen sicher sein vor Abholzung, Wildjagd und Übererntung. Dazu kommen spezielle Maßnahmen für die einzelnen gefährdeten Arten. Die Studie bezieht sich auf einen Teil der Ziele, die bei der vergangenen Artenschutzkonferenz 2010 in Nagoya beschlossen wurden. Neben dem Ausweiten der Schutzgebiete und dem Retten der bekannten bedrohten Tierarten sprachen sich die Beteiligten unter anderem für nachhaltiges Wirtschaften und den Schutz von Natur und Lebensvielfalt aus.

Den Worten Taten folgen lassen

Auf der derzeit laufenden Artenschutzkonferenz im indischen Hyderabad wollen die beteiligten Regierungen nun besprechen, wie diese Ziele zu finanzieren sind. „Wir kennen nun Bedarf, Verordnungen und auch die Kosten“, sagt Stuart Butchart, Koautor der Studie, die taz. „Jetzt muss die Politik ihren Worten Taten folgen lassen und zeigen, dass die Zusagen, die sie vor zwei Jahren gegeben hat, nicht nur leere Versprechen waren.“

Der Chef des UN-Umweltprogramms Achim Steiner schätzt hingegen, dass jährlich nur 40 Milliarden Dollar erforderlich wären, um den Verlust an Wäldern und anderen Lebensräumen bis zum Jahr 2020 zu halbieren und einen Teil der geschädigten Wälder zu rehabilitieren. Grund für die Betragsdifferenz sind unterschiedliche Ansätze, mit denen der Artenschutz vorangetrieben werden soll. Die britische Studie bezieht sich auf Schutzgebiete. „Die bieten den Tieren einen Rückzugsort, solange die Schutzziele noch nicht umgesetzt sind“, sagt Konstantin Kreiser, Beauftragter für Biodiversitätspolitik des Nabu. „In gesunden Ökosystemen können die Arten Krisen wie Trockenperioden besser überstehen.“

Die Weltnaturschutzorganisation IUCN stuft etwa ein Viertel der bekannten 5.500 Säugetierarten als vom Aussterben bedroht ein. Die am meisten gefährdete Tiergruppe sind dabei Amphibien.

Wie man die umfangreichen Artenschutzmaßnahmen finanzieren soll, ist in Hyderabad noch offen. „Gerade wird hoch gepokert“, so Kreiser, der ebenfalls bei der Konferenz vor Ort ist. „Die Eurostaaten, Japan und die Schweiz fordern Anstrengungen der Entwicklungsländer, bevor Gelder fließen.“ In den 20 Zielen, die in Nagoya beschlossen wurden, sollen sich alle Länder an den Kosten beteiligen. Die zweiwöchige Konferenz in Hyderabad endet am 19. Oktober.

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8 Kommentare

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  • MW
    Mal was Neues

    Wir kennen doch schon :Saufen für den Regenwald,warum nicht "Coken" für den Artenschutz ?

  • TN
    the negative one

    Auch wenn das jetzt ketzerisch klingen mag, mir fehlt im Artikel eine Begründung, warum man überhaupt generell gegen Artensterben aktiv werden will.

    Immerhin ist das Artensterben eng mit der Evolution verbunden und der Versuch die Evolution aufzuhalten klingt für mich überhaupt nicht sinnvoll. Geht es nur um die Arten, die vor allem durch die Menschen bedroht sind oder generell um aussterbende Arten?

    Mir leuchtet ja ein, dass die Menschheit Waldflächen erhalten sollte, diese sind Teil der eigenen Lebensgrundlage. Aber zum Erhalt der Menschheit ist sicher nicht das Überleben aller Arten der Flora und Fauna nötig.

    Bitte nicht im grünem Eifer wegen dieser Fragen ausrasten, sondern erklären, was der Sinn der Sache ist. Die 80 Milliarden Dollar kann sich die Menschheit sicher leisten (selbst das Verbrennen des Geldes wäre besser investiert als in irgendwelchen Militärprojekten), ich möchte nur gerne wissen wozu.

  • MG
    manfred Gerber

    Die Naturschutzverbände liegen etwas daneben, wenn Sie die Lösung des Problems in der Ausweitung der Naturschutzflächen sehen. Die Biotop schädigenden Emissionen aus der Landwirtschaft, lassen sich sich sauber voneinander trennen. 90% der Pestizide diffundieren in die Luft und landen überall. Grundwasser fließt und transportiert Pestizide und Düngemittel auf diese Weise. Vielmehr müssen in den Staaten die Gesetze eingehalten und überwacht werden. Was nützt mir ein Naturschutzgebiet in RLP, wenn die dortige Umweltministerin Höfken den Bauern nicht gemäß der Wasserrahmenrichtlinie den Einsatz von Pestiziden an Grundwasser führenden Entwässerungsgräben unterbindet? Unsere Gesetze verbieten dies unsere Politiker egal von welcher Partei ignorieren es.

  • H
    Hobby-Zoologin

    Sorry, liebe taz, aber das auf dem Bild ist kein Zagros-Molch. Bitte korrekte Unterschriften unter die Bilder, danke.

  • M
    meik

    was ist eigentlich ein "gesundes Ökosystem"?

    Man hat das Gefühl, es hier eher mit kranken Schreibern zu tun zu haben.

  • KK
    Kein Kunde

    @ Mattys

     

    Ich finde die Vorstellung mal zu gucken mit wie vielen Centstücken man die Soldaten der Finanzarme füttern kann aber recht erbaulich.

     

    Zumindest versuchen sollten wir es. ;-)

     

     

     

    pS. Auch einen erholsamen Urlaub, mitsamt Hechtsprung in Dagoberts Geldspeicher, würde ich diesen "Mitgliedern" der Geselschaft von Herzen gönnen.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Na dann schlage ich vor, die Filmförderungund und GEZ abzuschaffen. Retten wir damit den Juchtenkäfer...

  • M
    mattys

    leider ist es immer noch besser nutzlose Banken zu retten,Aber bald wird man merken das man Geld nicht fressen kann,Ich hoffe das ich das noch erlebe wie die Finanzlobby und die Politikerkaste nichts mehr zu fressen hat.