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80 Jahre KriegsendeKranzniederlegung nur im kleinen Kreis

In Berlin beginnt die Gedenkwoche zu 80 Jahre Kriegsende und Befreiung. Wegen des Ukraine-Kriegs lädt der Senat keine ausländischen Diplomaten ein.

Kränze vor dem Haus Schulenburgring 2, wo am 2. Mai 1045 der Kapitulationsbefehl für Berlin unterzeichnet wurde

Berlin dpa | In Berlin beginnt an diesem Freitag eine Gedenkwoche zur Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren. Bis zum 11. Mai plant der Senat gemeinsam mit zahlreichen Partnern rund 100 Veranstaltungen, darunter Ausstellungen, Diskussionsrunden, Kranzniederlegungen, Führungen und Konzerte.

Den Auftakt bildete am Morgen eine Kranzniederlegung mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am Schulenburgring in Tempelhof. Dort hatte Wehrmacht-General Helmuth Weidling am 2. Mai 1945 die Kapitulation Berlins vor der Roten Armee unterschrieben. Eine Gedenktafel an dem Gebäude erinnert an das historische Ereignis. Später wuchs in dem Haus der von 2014 bis 2021 amtierende Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) auf, der auch am Gedenken teilnimmt.

Am Brandenburger Tor wurde am Freitag Vormittag eine Open-Air-Ausstellung „Endlich Frieden?!“ eröffnet, die bis 11. Mai zu sehen ist. Am Abend (20.00 Uhr) feiert gleich nebenan in der Akademie der Künste das Oratorium „Befreiung“ mit europäischen Künstlern Premiere, das der Komponist Marc Sinan speziell für diesen Anlass schuf.

Mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht endete 1945 der Zweite Weltkrieg in Europa. Vertreter der Wehrmacht unterzeichneten in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 ein entsprechendes Dokument vor den Siegermächten USA, Großbritannien, Frankreich und Sowjetunion im Gebäude des heutigen Museums Berlin-Karlshorst.

Keine ausländischen Offiziellen eingeladen

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ist das Gedenken an das Kriegsende eine Gratwanderung. Der Berliner Senat entschied, zu den offiziellen Gedenkveranstaltungen des Landes keine ausländischen Gäste einzuladen – also weder aus Russland noch aus der Ukraine oder anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion. In der Roten Armee, die Berlin vom Nationalsozialismus befreite, dienten Soldaten aus vielen Volksgruppen und allen damaligen Teilrepubliken der Sowjetunion.

In Deutschland wird seit geraumer Zeit darüber diskutiert, wie man beim Erinnern an das Kriegsende mit einer möglichen Teilnahme von Vertretern Russlands umgeht. Obwohl offiziell unerwünscht, war der russische Botschafter Sergej Netschajew zuletzt mehrfach bei Gedenkveranstaltungen etwa auf den Seelower Höhen und im sächsischen Torgau erschienen.

Das Auswärtige Amt hatte zuvor in einer Handreichung an Länder, Kommunen und Gedenkstätten des Bundes davon abgeraten, offizielle russische Vertreter zuzulassen. Begründet wurde das mit der Befürchtung, dass Russland diese Veranstaltungen „instrumentalisieren und mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine missbräuchlich in Verbindung bringen“ könnte.

Zum Programm der Berliner Themenwoche „80 Jahre Kriegsende“ gehört auch ein gemeinsames Gedenken mit Brandenburg: Am Sonntag (4. Mai) treffen Berlins Regierender Bürgermeister Wegner und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) Überlebende des Holocausts in der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Sachsenhausen.

Nicht-öffentliche Kranzniederlegung

Am 5. Mai diskutiert Wegner im Landesarchiv mit jugendlichen Teilnehmern eines Workshops über den Zweiten Weltkrieg und die Lehren, die heute daraus zu ziehen sind. Am 7. Mai wird zu einer Gedenkstunde von Senat und Abgeordnetenhaus im Roten Rathaus Margot Friedländer erwartet. Die 103-jährige Holocaust-Überlebende hält eine Lesung.

Der eigentliche Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus am 8. Mai wird in Berlin einmalig als gesetzlicher Feiertag begangen. Vertreter des Senats legen am sowjetischen Ehrenmal in der Schönholzer Heide im Bezirk Pankow einen Kranz nieder. Dieses Gedenken ist allerdings laut Senatskanzlei nicht öffentlich. Das Brandenburger Tor wird anlässlich des Jahrestags angestrahlt, kündigte Wegner an. Bei einer vom Bund organisierten Gedenkveranstaltung im Bundestag spricht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

An den beiden anderen sowjetischen Ehrenmalen im Treptower Park und im Tiergarten plant das Land Berlin keine offiziellen Gedenkveranstaltungen. Verschiedene Initiativen wollen aber im Treptower Park an das Kriegsende erinnern. Es darf auch damit gerechnet werden, dass Russlands Botschafter Sergej Netschajew dort wie in den Vorjahren am 9. Mai Kränze niederlegt – an dem Tag feiert Russland den Sieg über Nazideutschland.

Dazukommen könnten auch russische Biker des berüchtigten nationalistischen Motorradclubs „Nachtwölfe“, die in den letzten Jahren immer in Treptow vorfuhren. Sie starteten am vergangenen Wochenende in Moskau öffentlichkeitswirksam zu ihrer Tour Richtung Berlin. Unklar ist aber, ob ihnen tatsächlich die Einreise in die EU gelingt und sie in der Hauptstadt ankommen.

Die Polizei bereitet nach Angaben einer Sprecherin Auflagen für Zusammenkünfte an den Ehrenmalen vor. Dazu dürfte wie im Vorjahr ein Verbot russischer Flaggen und Symbole zählen.

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