750 Millionen Euro für Landwirte: Deutsche Milch nach China
Ministerin Aigner stellt ein Millionen-Programm vor, das vor allem Milchbauern helfen soll. 750 Millionen Euro sollen in den nächsten zwei Jahren extra fließen.
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Die schwarz-gelbe Koalition kümmert sich um die krisengeplagten Bauern. Zumindest sieht das auf den ersten Blick so aus. Am Donnerstag hat CSU-Bundesagrarministerin Ilse Aigner ein Sonderprogramm für die Landwirtschaft präsentiert - "das größte Programm, das es bisher von Seiten des Bundes gegeben hat", sagt sie.
750 Millionen Euro sollen in den nächsten zwei Jahren extra an Landwirte fließen. Das Gros soll vor allem an Betriebe gehen, die mit Kühen ihr Geld verdienen, derzeit aber wegen der niedrigen Milchpreise den Ruin fürchten.
Die Millionen kämen nicht nur ihnen zugute, sondern allen, so Aigner: Die Weiden für Kühe hätten eine "herausragende Bedeutung für die Kulturlandschaft", vor allem "in unseren Urlaubsregionen in den Alpen, den Mittelgebirgen und an den Küsten". Gras speichere zudem Klima belastendes Kohlendioxid.
Auf die Hilfen hatte sich die neue Regierung bereits im Koalitionsvertrag festgelegt. Lange hatten CDU und FDP auf der einen und CSU auf der anderen Seite darum gerungen. CSU-Mann Horst Seehofer wollte prüfen lassen, wie die Produktion reguliert, das Milchangebot knapp werden kann.
Er folgte damit der Philosophie des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter. Dieser Opposition zum Deutschen Bauernverband gehören viele bayerische Bauern an. Sie wandten sich vom Bauernverband enttäuscht ab, weil er Mitglieder vor allem dazu animierte, mehr zu produzieren. Die Preise fielen.
CDU und FDP aber lehnten Seehofers Vorstoß als zu starken Eingriff in den Markt ab. Also gibt es nun Steuergeld. Im einzelnen sind das für die nächsten zwei Jahre: 200 Millionen Euro Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung und 50 Millionen Euro Liquiditätshilfen.
Dazu kommen 500 Millionen Euro Grünland- und Kuhprämien. Pro Jahr und Hektar Wiese sind 37 Euro vorgesehen, pro Kuh 20 Euro. Noch muss die EU das genehmigen. "Wir hätten uns das Programm nur früher gewünscht", sagt Michael Lohse vom Deutschen Bauernverband. Es sei "eine Hilfe zur Selbsthilfe, um die Krise zu überstehen". Lohse glaubt, dass der Appetit auf Käse oder Butter etwa in China bald wieder wächst und deutsche Bauern Milch exportieren.
Hans Foldenauer vom Bundesverband der Milchviehhalter allerdings widerspricht: "China wird selber in die Milchproduktion einsteigen". Und Deutschland sei ein "sattes Volk". Mehr Milch werde nicht gebraucht. Darum müssten die Milchquoten, also die erlaubten Produktionsmengen, verringert werden.
Seine Idee: "Wer seine Kühe abschafft, verkauft seine Quote an einen anderen Bauern. Diese Quote sollte die Regierung kaufen und stilllegen." Das sieht Ulrich Jasper von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft ähnlich. Das Sofortprogramm sei ein "symbolischer Akt", der die Milchkrise nicht löse.
Jasper rechnet vor: Die deutschen Bauern melken jedes Jahr 28 Milliarden Liter Milch. Sie bekommen in einem Jahr nun 250 Millionen Euro Grünland- und Kuhprämie - macht pro Liter nicht mal einen Cent. Fazit: "Das Sofortprogramm ist für den Steuerzahler teuer, hilft aber wenig."
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