30 Jahre Freie Republik Wendland: "Startschuss für heißen Herbst"
Zur Erinnerung an die Zerstörung der Freien Republik Wendland soll ab Freitag das Atomlager Gorleben von Aktivisten umzingelt werden. Die Polizei bringt rund 1.000 Beamte in Stellung.
BERLIN taz | Mit gut 1.000 Beamten will die Polizei am Wochenende die potenzielle Atom-Endlagerstätte Gorleben vor Demonstranten schützen. Das sagte eine Sprecherin der Polizeiinspektion Lüchow-Dannenberg der taz. Denn die Bürgerinitiative Lüchow-Danneberg (BI) ruft für dieses Wochenende zum Anti-Atom-Protest in Gorleben auf.
Der Anlass: Am Freitag vor 30 Jahren wurde im niedersächsischen Trebel die "Freie Republik Wendland" dem Erdboden gleich gemacht. Trebel liegt nahe dem Salzstock Gorleben, der als Endlager vorgesehen ist. Damals zerstörten tausende von Polizisten und Dutzende von Bulldozern das von Bauern, Anwohnern und Studierenden errichtete Anti-Atom-Hüttendorf. Es war der bis dahin größte Polizeieinsatz der deutschen Nachkriegsgeschichte und die Geburtsstunde einer breiten Anti-Atom-Bewegung.
Zum 30. Jahrestag ist die Stimmung im Wendland wieder angespannt. Nachdem es Aktivisten am Pfingstmontag gelungen war, auf das Gelände des potentiellen Endlagerstandorts für Atommüll vorzudringen, will die Polizei am Wochenende starkes Geschütz auffahren.
Die Bürgerinitiative rechnet ihrerseits mit rund 1.000 Teilnehmern und hat für Samstag eine Umzingelung des Gorleben-Schachts angekündigt. Mit Treckern, Themenwagen und Transparenten soll der Endlagerschacht lautstark eingekreist werden. Bereits Freitag ab 14 Uhr wird in unmittelbarer Nähe zu dem als Endlager erkundeten Schacht und dem Atom-Zwischenlager, in dem derzeit 91 Castor-Behälter überirdisch lagern, eine von der Bäuerlichen Notgemeinschaft errichtete Schutzhütte eröffnet werden. Ein Zeltlager und ein Kulturprogramm sollen den Protest am Wochenende begleiten.
Wolfgang Ehmke, Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, sagt der taz: "Die Situation ist angespannter als wir gedacht hatten, die Polizei rüstet sich für das Wochenende massiv hoch." Ehmke kritisiert, es habe in den letzten 30 Jahren keine echte politische Auseinandersetzung mit dem Endlager-Problem in Gorleben gegeben. "Es wurde immer nur die Polizei geschickt. Dieses Wochenende steht aus aktuellem Anlass für uns nicht im Zeichen der Erinnerung. Es ist vielmehr der Startschuss für einen heißen Herbst."
Denn dann wird ein weiterer Castor-Transport nach Gorleben erwartet, mit dem voraussichtlich weitere 11 Castor-Behälter in das überirdische Zwischenlager gebracht werden sollen.
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