daumenkino : „2LDK“
Ein Duell muss nicht mit Revolvern oder Schwertern ausgetragen werden. Es gibt ja auch teure Vasen, Klodeckel und Nachtcremedöschen, mit denen man einander bewerfen kann. Zwei angehende Schauspielerinnen (Maho Nonami, Eiko Koike), die sich auf dieselbe Rolle beworben haben, teilen notgedrungen eine luxuriöse Appartementwohnung. In der Nacht vor dem entscheidenden Anruf des Produzenten werden zuerst falsche Höflichkeiten ausgetauscht, dann perfide Provokationen und zuletzt Fausthiebe. Unter dem Druck der Konkurrenzlogik werden Einrichtungsgegenstände zu Mordinstrumenten, und Blutfontänen spritzen zu Klaviermusik. Es kann nur eine geben, und das ist diejenige, die am Ende noch aufrecht steht.
Es klingt nach einer typischen Schnapsidee, aber „2LDK“-Regisseur Yukihiko Tsutsumi versichert, die Idee sei in völliger Nüchternheit entstanden, als er und Ryuhei Kitamura sich auf einem Filmfest in Deutschland kennen lernten und, anstatt sich zu betrinken, miteinander ins Gespräch kamen. Heraus kam das „Duel Project“: Zwei Regisseure machen zwei Filme mit einem Thema – eine Konfrontation zwischen zwei Protagonisten auf Leben und Tod. Schauplatz: ein Raum. Dauer: eine Nacht.
In Kitamuras „Aragami“ kreuzen ein Dämon und ein Schwertkämpfer die Klingen, für seinen „2LDK“ wählte Tsutsumi den Zickenterror in einer Wohngemeinschaft. Die Hölle, das sind die anderen, vor allem, wenn sie sich Mitbewohner nennen. Das kann das japanische Kino immer noch am schönsten, die Entwicklung einer völlig absurden Situation aus plausiblen Prämissen (man denke etwa an die Filme von Sabu wie „Monday“ oder „Unlucky Monkey“). Doch wie lange werden solche Szenarien noch als unrealistische Übertreibung angesehen? Dass das Wettrennen um Markt- und Gewinnchancen in Zeiten verschärfter Konkurrenz mitunter nur durch die Eliminierung des Gegners gewonnen werden kann, wird auf allen Kanälen vorgebetet.
Genau zehn Jahre ist es her, dass Eiskunstläuferin Tonya Harding ihre schärfste Konkurrentin Nancy Kerrigan durch eine gezielte Attacke aus dem Weg räumen ließ. Seither ist das Duell als Konfrontationsform ein medial beliebtes Sendeformat geworden. Die konfrontative Zweierkonstellation macht die Dinge einfach: Schröder oder Stoiber, Schumi oder Button, Bremen oder Bayern. Alles folgt der Logik des „Auge um Auge“, der Anschein des Regelgerechten wird gewahrt, wo es in Wahrheit um alles oder nichts geht. Wem die Wohnwagen-Prügelei zwischen „Black Mamba“ und der „Braut“ in „Kill Bill 2“ zu kurz oder zu harmlos war, darf sich auf diesen Film freuen. DIETMAR KAMMERER
„2LDK – 2 Zimmer, Küche, Bad“. Regie: Yukihiko Tsutsumi. Mit Maho Nonami (Lana), Eiko Koike (Nozomi), Japan 2002, 70 Min., OmdU