piwik no script img

Archiv-Artikel

20 Jahre Buchholz

Miese Zeiten sind ja bekanntlich die besten für Kabarettisten. Wer dann noch feststellen muss, dass er seit Jahrzehnten auf der Bühne steht, und das mit längst eingestaubten Texten, die jetzt wieder erschreckend frisch erscheinen, hat ausgesorgt. Martin Buchholz ging es so – und er stellte folgerichtig ein Jubiläums-Programm aus 20 Jahren Kabarett zusammen, das er in diesen Tagen in Alma Hoppes Lustspielhaus auf die Bühne bringt.

Allein, in schwarzer Kleidung auf schwarzer Bühne, lehnt er an seinem Stehtisch und zieht wortgewaltig über Mister „Doubleyou“ und einen gewissen Herrn aus einem hannoveranischen Endreihenhaus her. In erbarmungslosem Monolog walzt er über sein Publikum hinweg, das sich anstrengen muss, bei den Wortverdrehungen, -entwurzelungen und -erweiterungen am Ball zu bleiben. Hinterhältig treibt er jeden politischen Tiefpunkt auf die Spitze.

Allein, man kann sich fragen, ob Zeiten nicht auch zu mies sein können für einen Kabarettisten. Dann nämlich, wenn politische Zustände und Personen schon in den Medien so kritisch, gar ironisch betrachtet werden müssen, dass für den berufsmäßigen Spötter kaum etwas übrig bleibt. Tatsächlich ist an Buchholz‘ Programm kaum etwas überraschend. Denn die Realsatire erfordert eigentlich keine Übertreibung mehr.

Da passt es gut, das sich Buchholz nicht als Satiriker, sondern als Satyr versteht – als derber Bock der griechischen Mythologie, der als lüsterner und Wein liebender Fruchtbarkeitsdämon im Gefolge Dionysos daherkommt. Nicht verwunderlich also, dass viele seiner Sprüche unterhalb der Gürtellinie landen.

Das Publikum wechselt bei Politisch-Unkorrektem höchstens mal die Intonation; von hellem Lachen wird zum vorwurfsvoll-dunkleren Vokallaut ‚ho-ho-ho‘ gewechselt, als müsse man kundtun, dass über einen solchen Spruch nach gesellschaftsfähiger Norm eigentlich nicht gelacht werden darf. Da macht Buchholz auch vor dem eigenen Publikum nicht mehr Halt, über das er „in der typischen Missionarshaltung – ihr unten, ich oben“ – in skrupellosem Wortorkan herfällt. Julia Berg

nächste Vorstellungen: 15.+16.5., 20 Uhr, Alma Hoppes Lustspielhaus