1500 Mitarbeiter verlieren Job: eBay in der Krise
Jahrelang eroberte das Online-Auktionshaus einen internationalen Markt nach dem anderen. Nun stockt das Wachstum und es müssen erstmals Mitarbeiter entlassen werden - auch in Deutschland.
Die Gerüchte über einen großflächigen Stellenabbau machten schon seit Wochen bei Börsenanalysten und Internet-Experten die Runde, nun ist es offiziell: eBay, das größte Online-Auktionshaus der Welt, wird insgesamt 1500 Jobs streichen und mehrere Hundert befristete Arbeitsverhältnisse auflösen. Das sind 10 Prozent der aktuellen Gesamtbelegschaft von 15.000 Mitarbeitern weltweit.
Betroffen von dem Kahlschlag ist auch Deutschland: Die hiesige Zentrale in Dreilinden bei Berlin wird sich von 8 Prozent der örtlichen 1250 Mitarbeiter trennen, sprich: 100 Menschen auf die Straße setzen, wie ein Sprecher des Unternehmens am Montag bestätigte. Betroffen von dieser "Umgestaltung" seien vor allem die Bereiche Marketing und Verwaltung bei dem Internet-Konzern. Beim Kundendienst, der die Käufer und Verkäufer auf der Plattform betreut, werde man hingegen nicht sparen. Als Grund gab Firmenchef John Donahoe an, man wolle den Verwaltungsapparat vereinfachen und dadurch "neue Investitionen in Wachstumsfelder" ermöglichen. Der Jobabbau soll zu Restrukturierungskosten in Höhe von bis zu 80 Millionen Dollar führen. Sparen will man durch die Stellenstreichungen bis zu 150 Millionen Dollar im Jahr.
Der Stellenabbau bei eBay ist in seinem Ausmaß ungewöhnlich für die in den letzten Jahren wieder zunehmend erfolgsverwöhnte Internet-Branche. Zwar wird auch beim Portal-Konzern Yahoo nach der abgelehnten Übernahme durch Microsoft über Umstrukturierungen gesprochen und bei dem Softwarekonzern selbst wurde in dieser Woche für die seit Jahren defizitäre Unterhaltungsabteilung ein Einstellungsstopp verkündet. Der 10prozentige Einschnitt bei eBay schreckte Marktbeobachter aber dennoch auf. Grund sollen jedoch nicht die allgemein eingetrübte Wirtschaftslage oder die Kreditkrise sein, sondern vor allem strategische Fehler. So könnte die Summe der über die eBay-Plattform abgewickelten Geschäfte im aktuellen Quartal fallen und unter der letzten Marke von 15,7 Milliarden Dollar liegen. Das Kern-Business des Konzerns, die Versteigerung, schrumpft. eBay erhält von jeder Aktion einen prozentualen Anteil sowie eine Einstellgebühr vom Verkäufer. Maßnahmen, sich als Festpreis-Online-Shop wie beispielsweise der E-Commerce-Riese Amazon zu positionieren, greifen hingegen nur langsam. Das machte sich auch beim Börsenkurs bemerkbar: In diesem Monat erreichte man fast ein Sechsjahrestief.
Hinzu kommt zunehmender Ärger bei den Verkäufern über höhere Gebühren und andere Veränderungen, die in den letzten Monaten vorgenommen wurden, um eBays Einnahmen zu erhöhen. So hatten User im Frühjahr zu einem globalen Boykott des Angebotes aufgerufen, weil eBay die Geschäftsbedingungen so verändern wollte, dass Verkäufer kein negatives Feedback mehr für Käufer hinterlassen konnten. Dies behindere das Geschäft mit vertrauenswürdigen Kunden, hieß es damals. Das Unternehmen wolle damit so genannte "Rachebewertungen" vermeiden, war die Begründung. Die Veränderung beim Feedback führte den verärgerten Nutzern zufolge jedoch zu einem Ungleichgewicht - eBay-Händler dürften andere User dann nicht mehr vor problematischen Kunden warnen und hätten somit weniger Handhabe gegen Betrüger, die beispielsweise nicht zahlten. Verkäufer, auch so genannte "Powerseller", wandten sich daraufhin von der in vielen Ländern marktführenden Plattform ab, gingen zu kleineren Konkurrenten und Spezialauktionen über oder richteten einen eigenen Online-Shop ein.
eBay scheint sein Glück gleichzeitig vermehrt in Bereichen abseits des Auktionsgeschäftes zu suchen. So gehört dem Konzern auch der Zahlungsabwickler PayPal, der größte Anbieter von Online-Geldgeschäften außerhalb des traditionellen Bankensektors. Parallel zur Ankündigung der Job-Verluste machte eBay bekannt, dass man den Rechnungsdienst "Bill Me Later" gekauft habe, der Konsumentenkredite vergibt und Online-Shops eine Ratenkauffunktion zur Verfügung stellt. Billig war das Geschäft nicht: Der Preis lag bei insgesamt 945 Millionen Dollar. "Bill Me Later" soll nun mit PayPal verschmolzen werden.
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