: 1500 Mark Strafe düe Ohrfeige
■ Hauptschullehrer schlug Schüler ins Gesicht
Mit einer vergleichsweise milden Geldstrafe von 1500 Mark kam gestern der Hauptschullehrer J. davon, der sich vor dem Amtsgericht wegen Körperverletzung verantworten mußte. Richter wie Staatsanwalt zeigten ein gewisses Verständnis für den Pädagogen, der eingestand, am 2. Juli 1992 den elfjährigen Patrik im Unterricht geohrfeigt zu haben.
Eindringlich schilderte der Angeklagte die Situation in der Klasse 5c einer Hamburger Hauptschule. „Man muß das mal erlebt haben, um das Phänomen Hauptschule zu verstehen“. Die Schüler hätten sich unter Bänken versteckt, Arbeitsaufträge verweigert und unerlaubt die Klasse verlassen, erklärte der Pädagoge, der selbst lange Jahre in der Erwachsenenbildung tätig und erst vor kurzem in den Schuldienst übergewechselt war.
Am besagten Vormittag wurden im Kunstunterricht Colagen gebastelt. Statt ihren Platz aufzuräumen, wären mehrere Schüler türenknallend hinausgegangen. Nachdem er hinterhergegangen sei, um die Türen zu schließen, sei Patrik ihm gefolgt und habe vor seinen Augen eine Tür erneut ins Schloß geknallt und dabei gegrinst. „Da hab ich die Beherrschung verloren“.
Er habe die Tür nicht geknallt, vielmehr hätte er dem Lehrer helfen wollen, dabei sei ihm die Klinke aus der Hand gerutscht, erklärte dagegen der mittlerweile 12jährige Patrik dem Gericht. Auch gegrinst habe er nicht, „wenn, dann hab ich das unbewußt gemacht“.
Obwohl im Ton sehr freundlich, konnte es sich Richter Krispien nicht verkneifen, das Opfer zu ermahnen, es solle „künftig in der Schule nicht mehr soviel Scheiß bauen“. Bei Gericht gebe es gleich ordentlich Geldstrafen, wenn jemand stört. „Das kann Herr J. nicht. Der kann nur Ohrfeigen geben und das darf er nicht“.
Die körperliche Züchtigung ist Hamburgs Pädagogen seit 1976 per Dienstanweisung untersagt. Schlägt ein Lehrer trotzdem zu, so muß er mit einem Disziplinarverfahren rechnen, das Maßnahmen vom Verweis bis zur Suspendierung aus dem Schuldienst zur Folge hat. Im Fall des Lehrers J. hat die Schulbehörde eine Abmahnung erteilt. Außerdem wurde dem Pädagogen die Ernennung zum Beamten verwehrt. Kaija Kutter
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